22. März 2015

Quellen als einzigartige Lebensräume

Quellen gelten seit Urzeiten als besondere Stätten. Sie wurden als Sitz von Göttern verehrt und als heilige Bezirke geschützt. In späteren Zeiten waren Mineralwasser- und Thermalquellen hoch in Kurs, allein in Südtirol wurden vor über 100 Jahren noch 80 Mineralwasserquellen für Badezwecke genutzt.
Heutzutage werden viele Quellen zur Trinkwasserversorgung genutzt, Quellschutz ist somit auch Trinkwasserschutz. Quellen sind der Ursprung unserer Bäche und Flüsse, sie zu schützen ist Gewässerschutz von Anfang an.

 
Abb.1. Franziskus lässt für einen Mann, der ihn begleitet und großen Durst hat, aus einem Felsen eine Quelle sprudeln, Fresko von Giotto (1266-1337).

Die Alpen sind der quellreichste Raum in Mitteleuropa. Vor allem in den höheren Lagen finden sich noch natürliche Quellaustritte und auch intakte Quellbäche. In den Bergwäldern entspringen reliefbedingt hauptsächlich Fließquellen. In Hangverebnungen können jedoch auch Sickerquellen (Quellmoor, Hangquellmoor) bzw. Tümpelquellen in beträchtlichen Flächenausdehnungen ausgebildet sein. Auch in den offenen Almbereichen findet sich eine Vielzahl von naturnahen Quellaustritten, wobei hier speziell die sehr artenreichen Sickerquellen zu nennen sind, die sich durch ihre reiche botanische Ausstattung und auch eine vielfältige Fauna (v.a. Insekten) hervorheben. Die Sickerquellen bilden in der Regel größere Komplexe mit Fließquellen und deren Abflüssen, die die Sickerquellflächen oft in einem reich verästelten System durchziehen. 

Quellen sind aber auch einzigartige Lebensräume für viele hochspezialisierte Arten (bis zu 1.500 Arten wurden in europäischen Quellen nachgewiesen) der Pflanzen- und Tierwelt. In ihnen sind aquatische und terrestrische Bereiche mosaikartig eng miteinander verzahnt.
Bei ökologischen Fragestellungen etablierte sich bisher die Typologie von THIENEMANN (1925), die nach Art des Grundwasseraustrittes in Fließquelle (Rheokrene), Sicker-/Sumpfquelle (Helokrene) und Tümpelquelle (Limnokrene) untergliedert. Die Substratstrukturen wird stark von der vorherrschenden Abflussdynamik geprägt - die Substratstrukturen wiederum prägen zusammen mit der Abflussdynamik die Besiedelungsmöglichkeiten für Quellfauna und -flora in entscheidendem Maße. 


Typische Pflanzen für Quellbereiche sind die Brunnenkresse (Nasturtium officinale), das Bittere Schaumkraut (Cardamine amara), Milzkraut (Chrysosplenium oppositifolium und alternifolium) und der aufrechte Merk (Sium erectum). Bei einer Tümpelquelle können im stehenden Wasser auch seltene Pflanzengesellschaften, vom Armleuchteralgen-Gesellschaft (Charetea) bis zum Laichkraut-Gesellschaft (Potamogetonetea), vorkommen.

Quellhabitate werden vor allem in den Tallagen gefährdet durch:
  • Entwässerung von Auen und landwirtschaftlich geprägter Flächen. Bachbegleitende natürliche Grundaustritte versiegen.
     
  • Grundwassersystem wird verändert bzw. der Grundwasserspiegel gesenkt was zum versiegen der Quellen führt.
     
  • Quellfassungen und Quellverbauungen.
     
  • Landwirtschaft und Zerstörung der natürlichen Umgebung einer Quelle (z.B. Entfernung der beschattenden Vegetation), oft fehlt eine entsprechende Pufferzone (10-40m) um die Auswirkungen der modernen Landwirtschaft auf die Quelle abzuschwächen.
     
  • Quelltobel die als Deponie missbraucht werden.
Untersuchungen zeigten, dass sich eine extensive Beweidung positiv auf diese Bestände auswirkt, jedoch kann erhöhter Besatz zu irreversiblen Trittschäden führen. Ebenso geht mancherorts eine Gefahr vom Wintersport aus oder auch vom Sommertourismus. Die sehr sensiblen Quellmoorpflanzengesellschaften degenerieren dann meist zu artenarmen Hochstaudenbeständen.

Literatur:

BÜTTNER, G.; FETZ, R.; HOTZY, R.; RÖMHELD, J. (2004): Aktionsprogramm Quellen in Bayern - Bayerischer Quelltypenkatalog. Bayerisches Landesamt für Wasserwirtschaft
HAHN, H.J. (2000): Studies on classifying of undisturbed spring in Southwestern Germany by macrobenthic communities. Limnologica - Ecology and Management of Inland Waters, Volume 30, Issue 3: 247-259
ZÖLLHOFER, J.M. (1997): Quellen – die unbekannten Biotope: erfassen, bewerten, schützen. Bristol-Stiftung, Zürich: 153
ZÖLLHOFER, J.M. (1999): Quellen – die vergessenen Lebensräume. EAWAG-News, 48

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