25. Dezember 2011

Forensische Geologie

Osteographia (1733)
Am 20. Februar 1949 verschwand die 69-jähride Witwe Henrietta Helen Olivia Roberts Durand-Deacon spurlos aus ihrem Zimmer im Onslow Court Hotel, South Kensigton, London. Die Polizei verhörte die Anwohner des Hotels und bald darauf wurde John George Haigh verdächtigt, ein 40-jähriger Tagelöhner der bereits vorbestraft war wegen Diebstahls und Betrug. Er war auch die letzte Person die zusammen mit der Vermissten gesehen worden war. 
Haigh führte die Polizei zu einer alten Lagerhalle in der Leopard Road in Sussex in der einige seltsame Dinge aufgefunden wurden: eine Pistole, Schutzkleidung aus Gummi und drei Behälter für Schwefelsäure. Er machte keinen Hehl aus seiner Tat: 

"Miss Durand-Deacon existiert nicht mehr. Sie ist völlig verschwunden und keine Spur wird von ihr jemals gefunden werden. Ich habe sie in der Säure aufgelöst. Den Bodensatz habe ich auf der Leopard Road verteilt. Sie können mir keinen Mord nachweißen ohne einen Körper.

Glücklicherweise hatte Haigh einen wichtigen Punkt übersehen: das Gesetz benötigt keinen Körper sondern einen Nachweiß das ein Mord geschehen ist.
Der Pathologe Keith Simpson untersuchte den Boden vor dem Lagerhaus in der Leopard Road und bald wurde er auf einem seltsamen Kieselstein mit glattgeschliffenen Facetten aufmerksam. Simpson erkannte dass es sich um einen Gallenstein von Miss Durand-Deacon handelte - der gesuchte Beweiß um den Mord nachzuweißen. 

Gallensteine sind anorganische Konkretionen die aus säurelöslichen Mineralien bestehen, allerdings sind sie oft mit einem organischen Film aus Fett bedeckt, die in diesem Fall den Stein vor dem Angriff der Säure schützten.

Vielleicht ist der Haigh-Fall einer der außergewöhnlichsten Fälle in der Geologie als bevorzugte Methode der Forensik zur Anwendung kam, er ist aber bei weitem nicht der einzige.
Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Bodenproben die am Verdächtigen und am Tatort gefunden wurden miteinander verglichen um einen Zusammenhang zu beweißen. In 1856 beschreibt ein Artikel in der amerikanischen Zeitschrift "Scientific American" die Lösung eines Diebstahls mit der Hilfe von Sand. Der Geologe und Zoologe Professor Christian Gottfried Ehrenberg (1795-1896) aus Berlin berichtet darin, dass während einer Zugfahrt die Silbermünzen aus einem Schatzkästchen durch Sand ersetzt wurden. Daraufhin ließ er sich Sandproben von der Umgebung aller Bahnhöfe schicken, an denen der Zug gehalten hatte. Nachdem er den Herkunftsort des Sandes aus dem Kästchen identifiziert hatte, war es nicht schwer zwischen dem Bodenpersonal des entsprechenden Bahnhofes einen Hauptverdächtigen zu finden.

Abb.2. Bodenproben können sich in der Farbe, der Textur, Korngrößen, der petrographischen/chemischen Zusammensetzung, den Anteil von organischem Material (Humus, Schalenreste) untereinander unterscheiden, zugleich können diese Eigenschaften einzigartig für einen gewissen (Tat-)Ort sein.

Der viktorianische Autor Sir Arthur Conan Doyle setzte solchen Wissenschaftlern in 1887 ein literarisches Monument in der Form des beratenden Detektiv Sherlock Holmes, der sein Fälle mit forensischen Methoden zu lösen pflegte:

"Kenntnisse in Geologie: Verwendbar, aber begrenzt. Kann mit einem Blick verschiedene Böden unterscheiden. Nach Spaziergängen hat er mir Spritzer auf seiner Hosegezeigt und mir anhand ihrer Farbe und Zusammensetzung gesagt, in welcher Gegend von London sie ihm zuteilwurden."
"Eine Studie in Scharlachrot"

Doyle hielt sich auf dem Laufenden was wissenschaftliche Erkenntnisse angeht und war sicher auch betraut mit den Arbeitshypothesen des Österreichischen Kriminologen Hans Gross (1847-1915). In seinem Lehrbuch "System der Kriminalistik" (1891) schlägt Gross vor, dass Ermittler sich auch geologischer und geomorphologischer Karten bedienen sollten um mögliche Verstecke für Leichen zu finden: wie z.B. Steinbrüche, Sandgruben, Moore oder Gewässer. In seinem "Handbuch für Untersuchungsrichter" (1893) beschreibt er wie die petrographische Zusammensetzung von Schmutz- und Bodenproben dazu verwendet werden kann um einen Tatverdächtigen mit den Tatort in Zusammenhang zu bringen.
Es war der deutsche Chemiker Georg Popp (1867-1928) der dieses Prinzip zum ersten Mal anwandte um einen Mord zu lösen. Im Frühling  1908 wurde Margarethe Filbert nahe der Stadt Rockenhausen (Bayern) tot aufgefunden. Der zuständige Untersuchungsrichter kannte die Bücher  von Gross und hatte eine Studie von Popp gelesen, in der er Hornblende-Körner der Nasenschleimhaut einer Erwürgten mit den Partikeln unter den Fingernägeln des Täters verglichen hatte.
Im Fall von Margarethe Filbert gab es einen Verdächtigen, den Landarbeiter Andreas Schlicher, der aber behauptete am Tag des Mordes in seinen Feldern gearbeitet zu haben. Popp untersuchte den anhaftenden Schmutz und Schlamm an den Schuhen von Schlicher und kam zu einem ganz anderen Schluss. An den Schuhen fand er drei verschiedene Bodenarten: ein Sediment, vermischt mit Gänsekot, entsprach der Bodenart die im Innenhof von Schlichers Haus gefunden worden war, eine Schicht enthielt Fragmente aus roten Sandstein und die letzte Schicht enthielt Fragmente von Ziegelsteinen, Asche und Zement, ähnlich dem Boden an der die Tatwaffe - ein Gewehr - aufgefunden worden war. Keine dieser Bodenproben entsprach dagegen dem Boden der auf den Feldern - wo Schindler angeblich arbeitete - vorhanden war, reich an Bruchstücken aus Porphyr und Mineralien wie Glimmer und Feldspat. Schindler hatte eindeutig gelogen.

Auch in einem anderen höchst interessanten Fall konnten geologische Spuren einen wichtigen Hinweis auf den Ablauf eines Mordes geben.

Am Abend des 24. November 1936 wurde auf einer nicht sehr verkehrsreichen Straße in der Umgebung von Münster eine weibliche Leiche aufgefunden. Sie lag schräg mit dem Kopf gegen den Straßenrand ausgestreckt, drei Meter  daneben lag ein verbeultes Fahrrad dessen Speichen mit Blut und Erde bespritzt waren.
Prellsteinen am Straßenrand zeigten Blutspritzer die von unten nach oben verliefen. Der in die Fahrtrichtung nächste Prellstein fehlte und lag 3 Meter entfernt im Gebüsch an der Böschung. Er wies an zwei Stellen verschmierte Flecken auf.
Der Kopf lag inmitten einer großen Blutlache und an der Wollmütze, in den Haaren und Umgebung des Kopfes lagen weiße Kalkplättchen herum. Abgesehen von den Wunden am Kopf konnten keine Verletzungen gefunden werden - der Schädelknochen war mehrmals gebrochen, an der linken Schläfenhälfte lag eine runde Hautverletzung vor, der Knochen darunter schien jedoch unverletzt.

Die Polizei ging zunächst von einem Verkehrsunfall aus:

"Der objektive Befund gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass an dem Tod der Frau ein Zweiter schuld ist, vielmehr lässt der objektive Befund darauf schließen, dass Frau R. durch einen Unglücksfall zu Tode gekommen ist, indem sie auf der abschüssigen Straße mit dem Fahrrad zu Fall gekommen und hierbei mit dem Kopf gegen den Prellstein geflogen ist."
Abschließendes Gutachten der Mordkommission.

Diese Rekonstruktion schien mit der Aussage des Ehemann übereinzustimmen: Der Mann behauptete zusammen mit seiner Frau am 24. November gegen 16.30 Uhr auf der Straße in Richtung ihres Dorfes unterwegs gewesen zu sein. Als dichter Nebel aufkam fuhr er voraus. Zuhause angekommen wartete er längere Zeit auf seine Frau, als sie aber nicht kam machte er sich auf der Suche nach ihr.

Allerdings kamen bald Zweifel an dieser Geschichte auf, da klar wurde dass die Ehe nicht so harmonisch gewesen war wie vom Ehemann dargestellt. Es wurde beschlossen eine Exhumierung und genauere Leichenuntersuchung durchzuführen. 10 Tage nach dem Unfall wurde die Leiche exhumiert und der zertrümmerte Schädel vom Weichgewebe gereinigt und wieder zusammengesetzt. Dabei wurde die Austrittsöffnung einer Pistolenkugel an der rechten Schädelhälfte entdeckt. Bei der ersten Untersuchung war der Knochen so verrutscht gewesen, dass der untersuchende Arzt zwar die runde Hautverletzung bemerkt hatte,  den eigentlichen Schusskanal aber übersehen hatte.

Die Frau war angeschossen worden, allerdings erklärte dies nicht die Zertrümmerung des gesamten Schädels und vor allem des Gesichtsbereiches. Bei der zweiten Untersuchung wurde auch Blut in den Lungen festgestellt - der Schuss war nicht tödlich gewesen und das Opfer hatte sein eigens Blut eingeatmet.
Die Blutspritzer (die von unten nach oben verlaufen) am Prellstein ließen vermuten das der Kopf auf der Straße lag, als das Blut nach oben hin verspritzt wurde. Der Kopf war nicht - wie vorher angenommen - gegen den Stein geprallt. Die Kalksteinfragmente rund um den Kopf ließen vermuten, dass der zweiter Prellstein (der später im Gebüsch gefunden wurde) dazu benutzt worden war die angeschossene, aber noch lebende Frau, zu erschlagen.
Diesen Beweißen gegenübergestellt gestand der Ehemann schließlich den Mord.

Allerdings zeigt ein ungelöster Kriminalfall auch die Grenzen der  forensischen Geologie und forensischen Bodenkunde auf.

Im Jahre 1997 stießen Amateurtaucher in 24 Meter Wassertiefe im nordenglischen See von Coniston-Water auf ein seltsames Gebilde. Es handelte sich um eine Leiche die zusammen mit Bleirohre und Steinen in alten Decken eingewickelt worden war.
Bald darauf wurde der Ehemann einer im Jahre 1967 verschwundenen Frau verdächtigt und verhaftet - Gordon Park. Der Verdacht fußte vor allem auf den Fund eines Steines im See nahe der Leiche, da der Stein aus dem See Siltstein-Blöcken ähnelte die im Haus von Park verbaut worden waren. In 2004 untersuchte der Geologe Duncan Pirrie das Beweißstück mit der Kennzeichnung PDB 5/19 und stellte fest dass diese Gesteinsart nicht natürlich als Festgestein am Ufer des Sees zu finden ist. Der Fall schien klar, Gordon Park hatte den Stein von der Baustelle seines Hauses als Gewicht für den Leichensack verwendet.
Allerdings beauftragte die Verteidigung ein Gegengutachten das vom Geologen Kenneth Pye und später Andrew Moncrief ausgestellt wurde. Letzterer stellte fest, das der Stein ein metamorpher Grünschiefer (genau genommen handelt es sich um ein Grünschiefer-faziell überprägtes Tuffgestein, das unter den Handelsnamen "Westmorland green slate" vermarktet wird)  war, der natürlich in Aufschlüssen des Borrowdale Volcanic Group im mittleren Lake District vorkommt, im Norden des Coniston-Water gelegen. Allerdings sind Findlinge von diesem Gestein durch Eiszeitgletscher nach Süden hin verfrachtet worden.
Moncrief wies weiters darauf hin, dass die Blöcke aus Grünschiefer die im See gefunden worden waren, aus den glazialen Sedimenten stammen konnten die weit verbreitet in der Gegend sind - die Steine konnten in jedem Fall nicht als eindeutiger Beweiß gelten der den Leichnam und die Baustelle in Parks Haus in Verbindung brachten. Trotz dieser niederschmetternden Ergebnisse wurde Park zu einer Haftstraße verurteilt. In 2010 erhängte er sich in seiner Zelle - er hatte bis zuletzt seine Unschuld beteuert.
Der Richter fasste den Geologenstreit während des Prozesses mit folgenden Worten zusammen:

"Steine, meine werten Geschworenen, Steine also…[]…Die Wissenschaft, die der Untersuchung Zugrunde lag, war wirklich außerordentlich anspruchsvoll, nicht wahr? Sie war von einer Ehrfurcht gebietenden Güte, die wohl niemand von uns bisher je so genossen hat.
Es handelt sich nun einmal um Expertenwissen, aber ich glaube, es ist den Experten gelungen, ihre Aussage auf ein verständliches Maß herunterzuschrauben. Zumindest die entscheidenden Punkte sind uns klar geworden, wir haben verstanden, worin sich die Aussagen der beiden Forscher unterscheiden.
"

Trotzdem hat Geologie als forensische Naturwissenschaft in den letzten Jahrzehnten zunehmend an Bedeutung gewonnen. Forensische Geologie wird nicht nur dazu benutzt Täter und Tat miteinander zu verbinden, sondern auch um die Herkunft von Sprengstoffen und Schmuggelmaterial zu klären. Geologen helfen Gräber zu finden (z.B. mit GeoRADAR) oder die Geschichte eines Grabes zu rekonstruieren, z.B. wenn fremdes Bodenmaterial verwendet wird oder eine Umbettung der Leiche stattgefunden hat. Geologen können Quellen von Umweltverschmutzung lokalisieren und helfen Umweltverbrechen aufzudecken.
Und dies sind nur einige Beispiele für die Anwendung der Geologie bei der Lösung von Kriminalfällen - selbst Sherlock Holmes würde staunen.

Literatur:

BENECKE, M. (2007): Mordspuren - Neue spektakuläre Kriminalfälle - erzählt vom bekanntesten Kriminologen der Welt. Gustav Lübbe Verlag, Bergisch Gladbach: 494
BRESSAN, D. (2011): It's sedimentary, my dear Watson. Scientific American Blog Network "History of geology". Accessed 24.12.2011
CHESELDEN, W. (1733): Osteographia, or The anatomy of the bones. Historical Anatomies on the Web. Accessed 24.12.2011
PYE, K. (2004): Forensic Geology. In R.C. Selley, L.R.M Cocks and I.R Plimer (ed.) Encyclopedia of Geology. Elsevier: 261- 273
RUFFELL, A. & McKINLEY, J. (2005): Forensic geoscience: applications of geology, geomorphology and geophysics to criminal investigations. Earth-Science Reviews 69: 235-247
RUFFELL, A. & McKINLEY, J. (2008): Geoforensics. John Wiley & Sons: 332
WAGNER, E.J. (2006): The Science of Sherlock Holmes - From Baskerville Hall to the Valley of Fear, the Real Forensics Behind the Great Detective's Greatest Cases. John Wiley & Sons: 244

16. Dezember 2011

Können Tiere Erdbeben voraussehen?

 Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels von Scientific American
"Can Animals Sense Earthquakes?"

Einer der frühesten Berichte die von einem "unnatürlichen" Verhalten von Tieren vor einem Erdbeben berichten, stammt vom römischen Historiker Aelian, der in 373 vor Christus über die Zerstörung der Stadt Helike berichtet: 5 Tage vor dem Erdbeben flüchtete ein langer Zug aus Ratten, Wiesel, Schlangen und Insekten aus der Stadt. In den folgenden Jahrhunderten folgen immer wieder Geschichten mit ähnlichem Ablauf: unerklärliches oder unruhiges Verhalten von Tieren bald darauf gefolgt von einer Katastrophe. 

 Abb.1. Viele Zeitungen (hier P.M. 6/2003), Dokumentation und vor allem Internetseiten publizieren gerne die Idee das Tiere Erdbeben vorausahnen können (am liebsten mit einem paranormalen Sinn, der ihnen praktischer weise auch andere zukünftige Katastrophen verrät), allerdings sind meistens die ins Feld geführten Ereignisse oder Anekdoten schlampig zusammengetragen und die Argumente fußen auf falsch verstandener Wissenschaft.

Eine besonders lange Tradition verbindet Tiere und Erdbeben im alten China und Japan (letzteres importierte teilweise auch Mythen vom chinesischen Festland). Nach japanischer Tradition ist der Verursacher von Erdbeben ein riesiger Katzenwels, auf dessen Rücken die japanischen Inseln liegen, allerdings gibt es auch ältere Legenden die Katzenwelse als warnende Vorboten von Erdbeben darstellen, bzw. indem der Wels die gefürchteten Wasserdrachen verspeist auch Erdbeben verhindern kann.
Laut alten Berichten wurde tatsächlich vor den großen Erdbeben von Tokio in 1855 und 1923 ein seltsames Verhalten der Katzenwelse beobachtet: diese sonst trägen Fische schwammen aufgeregt an der Wasseroberfläche und waren somit leichte Beute für die Fischer. Auch vor dem Erdbeben von Tohoku im April 2011 soll laut Erzählungen von Fischern die Fangmenge von Tintenfischen Monate vor dem Erdbeben ungewöhnlich hoch gewesen sein, allerdings weisen Marinbiologen darauf hin dass eher die ungewöhnlich milden Temperaturen in diesem Zeitraum eine Rolle spielten.

In 1970 veröffentlichten chinesische Behörden ein Leitfaden in dem ungewöhnliches Verhalten von 58 Tierarten beschrieben wurde, und das als Vorwarnzeichen für ein Erdbeben gedeutet wurde. Besonders von Nagetieren, Fledermäusen und Schlangen wurde angenommen dass sie besonders sensibel auf drohende Gefahr reagierten (Abb.2. & 3. Nach 1970 publizierten die chinesischen Behörden verschiedene Schautafeln auf denen ungewöhnliches Verhalten von Tiere vor einem Erdbeben dargestellt wurden: Pferde werden unruhig und lassen sich kaum beruhigen, Nagetiere wie Ratten werden am helllichten Tag in offenen Räumen beobachtet oder flüchten und Fische sind dermaßen unruhig, dass sie aus dem Wasser springen).

Im Februar 1975 wurde beobachtet wie Schlangen aus ihren Winterschlaf-Verstecken krochen und im Freien erfroren. Die zuständigen Behörden beschlossen die Stadt Haicheng zu evakuieren. Tatsächlich ereignete sich am 4. Februar 1975 ein Erdbeben, mehr als 1.000 Personen wurden getötet, aber im Verhältnis zu der dicht besiedelten Region wurde diese Zahl als großer Erfolg der "Tierprognose" angesehen. Allerdings ereignete sich nur ein Jahr später ein Erdbeben, das mehr als 600.000 Opfer verursachte. Anschließende Untersuchungen ergaben dass es Berichte über ungewöhnliches Tierverhalten gegeben hatte, sich aber Niemand in den Behörden dafür zuständig gefühlt hatte.
Noch bei den Erdbeben von Virginia in diesem Jahr berichteten die Zeitungen ausgiebig über das seltsame Verhalten der Tiere im Zoo von Washington - einige kletterten auf Bäume Augenblicke bevor das Erdbeben von dem Zoopersonal gefühlt wurde. Großes Medienecho fand auch die Geschichte der Kröten die das Erdbeben in L´Aquila am 6. April 2009 "vorhergesehen" hatten.

Das Problem mit dieser (lange noch nicht vollständigen) Liste ist ihr anekdotenhafter Charakter - die meisten ungewöhnlichen Verhaltensweisen der Tiere  sind im Nachhinein niedergeschrieben worden. Es lässt sich kaum überprüfen ob das Verhalten dass von so vielen Beobachtern als ungewöhnlich empfunden wurde, auch unter anderen Umständen, also ohne Erdbeben, als bemerkenswert angesehen worden wäre. Viele Anekdoten werden auch völlig aus dem Zusammenhang von leichtgläubigen Journalisten wieder und wieder zum besten gehalten: die chinesische Stadt von Haicheng war berühmt-berüchtigt für vergangene Erdbeben, die Evakuierung wurde bereits im Dezember 1974 vor allem wegen der Monate lang spürbaren Vorbeben beschlossen, allein in den letzen 72 Stunden vor dem 4. Februar erfolgten mehr als 500 Vorbeben. Die Schlangen reagierten keineswegs aus heiterem Himmel auf ein unerklärliches Ereignis, aber auf die starke seismische Aktivität.

Allerdings lassen diese Anekdoten immerhin zu, dass wir eine Hypothese aufstellen: Gibt es geophysikalische Prozesse vor einem Erdbeben die von Tieren wahrgenommen werden können und auf die sie reagieren?

Es gibt sicherlich nicht spezielle Sinnesorgane die nur auf ein mögliches Erdbeben ausgerichtet sind - es hätte wenig evolutionärer Sinn, vor allem für kleine oder territoriale Tiere die von einem großräumigen Erdbeben sowieso nicht flüchten könnten (da wären Sinne gegen Steinschlag oder Bergstürze schon sinnvoller).

Glaubt man der Literatur kann das ungewöhnliche Verhalten von Tiere vor einem Erdbeben grob in zwei Kategorien eingeteilt werden: kurzfristige Reaktion -Sekunden bis Stunden- und langfristige Reaktionen, Tage bis Wochen vor dem Ereignis.

Für kurzfristige Reaktionen gibt es verschiedene Erklärungsversuche, die sich auf die unterschiedliche Geschwindigkeit von Erdbebenwellen stützen. Primäre Wellen sind im Schnitt 1,6x schneller als die stärkeren Sekundärwellen. Von vielen Tieren ist bekannt dass sie Vibrationen oder Infraschall wahrnehmen können, besonders Elefanten sind bekannt dafür dass sie Infraschall als Kommunikationsmittel einsetzen und langwelligen Frequenzen über ihre Füße wahrnehmen können. Weiters ist es möglich dass Tiere hören (immer im Bereich von Infraschall) wenn sich z.B. ein Tsunami nähert, da Schallwellen in der Luft um einiges schneller sind als die Materiewellen im Wasser.

Langfristige Reaktionen sind um einiges schwieriger zu erklären.
Fische und Vögel können Änderungen in elektrischen und magnetischen Feldern wahrnehmen. Es wurde vorgeschlagen, dass piezoelektrische Effekte in unter Spannung stehenden Gesteinen zu Variationen im lokalen Erdmagnetfeld führen, allerdings sind die gemessen Veränderungen sehr gering.
1993 schlug der deutsche Physiker Friedemann Freund vor, dass bestimmte Tiere wie Schlangen auf Infrarotstrahlung reagieren, die von bestimmten Gesteinen ausgesendet werden wenn sie unter hohen Belastungen stehen. Tatsächlich konnten großräumige Variationen im Infrarotbereich während des Erdbebens vom 21 Jänner 2001, dass die indischen Stadt Bhuj traf, gemessen werden.
Die "p-Hole-Theory", ebenfalls von Friedemann formuliert, beruht auf die Beobachtungen von starken elektrischen Entladungen in Form von Erdbebenleuchten vor einem Erdbeben. Piezoelektrische Effekte, wie sie früher oft vorgeschlagen wurden, sind viel zu schwach um diese Entladungen zu erklären. Die p-Hole-Theory schlägt einen effektiveren Mechanismus vor, bei dem geladenen Fehlstellen in den Kristallgittern der Minerale Sauerstoffatome ionisieren. Diese Ionen werden ins Grundwasser abgegeben oder gelangen in die Atmosphäre wo sie das Erdbebenleuchten verursachen.
In 2010 und 2011 publizierten Zoologen mithilfe dieser Arbeitshypothese einen Erklärungsversuch für das anscheinend unerklärliche Verhalten der Kröten in einem künstlichem Speicherbecken in der Nähe des Epizentrums des Erdbebens von L´Aquila. Die freien Sauerstoffionen hätten die Wasserchemie der Quellen und Zuflüsse verändert und die empfindlichen Amphibien hätten auf diese Veränderungen der Wasserchemie reagiert.

Abb.4. Die Beobachtungen von GRANT et al. wenige Tage vor und nach dem Erdbeben von L´Aquila am 6. April 2009. Die Untersuchungen hatte eigentlich die Aufgabe das Paarungsverhalten der gemeinen Kröte (Bufo bufo) zu untersuchen, allerdings verschwanden die Kröten plötzlich und tauchten erst nach dem Erdbeben und mit Vollmond wieder auf.  Um ihre Arbeitshypothese zu untermauern nutzte Grant Störungen in der Ionosphäre aus, die möglicherweise mit der Freisetzung von geladenen Sauerstoffatomen aus dem Untergrund zusammenhängen. Nach dem vorgeschlagenen Szenario fallen Störungen in der Ionosphäre mit der verstärkten Freisetzung von Ionen zusammen, die sich durch geophysikalische Prozesse im Untergrund bilden Die freigesetzten Ionen beeinflussen wiederum die Wasserchemie und den Lebensraum  der Kröten. Die Kröten reagierten daher indirekt auf geophysikalische Prozesse verursacht durch die Ansammlung von tektonischen Stress, der schließlich mit dem Erdbeben am 6. April freigesetzt wurde.

Es muss gesagt wurden dass dies alles hypothetische Mechanismen sind, die nur teilweise im Labor - unter kontrollierten Bedingungen - beobachtet wurden. Die meisten "Tierversuche" während eines Erdbebens erfolgten, wie der Fall mit den Kröten, durch Zufall. Es kann nicht ausgeschlossen werden dass die Tiere auf andere Umweltfaktoren reagierten, wenn zufällig das Erdbeben erfolgte. Die wenigen Fälle bei denen ein Erdbeben während einer Beobachtungsreihe in einem Labor erfolgte sind widersprüchlich: manche Wissenschaftler sprachen von Veränderungen im Verhalten, viele beobachteten gar nichts oder sprechen von einem "ungewöhnlichem" Verhalten, dass allerdings im kompletten Widerspruch zu anderen "Beobachtungen" steht. Möglicherweise auch eine Folge der Frage was man überhaupt als ungewöhnliches Verhalten klassifizieren sollte.

Rein physiologisch scheint es möglich dass bestimmte Effekte vor einem Erdbeben erfolgen können (aber nicht müssen, wie Vorbeben oder Änderungen des Grundwassers, die bei weitem nicht bei allen Erdbeben beobachtet wurden) die auch von Tieren wahrgenommen werden könnten - allerdings ist nicht klar ob Tiere auf diese Variationen auch mit deutlichen Veränderungen ihres Verhaltens reagieren. Bis zur Klärung dieser Fragen können Tiere allein nicht als "Prognose" für das Erdbebenrisiko herangezogen werden.

Literatur:

BHARGAVA, N.; KATIYAR, V.K.; SHARMA, M.L. & PRADHAN, P. (2009): Earthquake Prediction through Animal Behavior: A Review. Indian Journal of Biomechanics: Special Issue NCBM 7-8: 159-165
GRANT, R.A. & HALLIDAY, T. (2010): Predicting the unpredictable; evidence of pre-seismic anticipatory behaviour in the common toad. Journal of Zoology 281(4): 1-9
GRANT, R.A.; HALLIDAY, T; BALDERER, W.P.; LEUENBERGER, F.; NEWCOMER, M.; CYR, G. & FREUND, F.T. (2011): Ground Water Chemistry Changes before Major Earthquakes and Possible Effects on Animals. Environmental Research and Public Health 8: 1936-1959
IKEYA, M. (2004): Earthquakes and Animals: From Folk Legends to Science; World Scientific, London: 295
KIRSCHVINK, J.L. (2000). Earthquake Prediction by Animals: Evolution and Sensory Perception, Bull. Seism. Soc. Am. 90(2): 312-323
SCHNYTZER, Y. (2011): Animal Modeling of Earthquakes and Prediction Market. Working paper
TONG, K. (1988): Abnormal Animal Behavior and the Prediction of Earthquakes. Master Thesis Dep. Earth Sciences Northeastern Illinois University.
WALKER, B. (1982): Earthquake. Planet Earth. Time Life Books: 154

13. November 2011

Die Katastrophe von Armero

Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels von Scientific American
"13. November 1985: Der Nevado del Ruiz Lahare"

Am Nachmittag des 13. November 1985 verstärkte sich die explosive Tätigkeit des Vulkans Nevado del Ruiz (5.389m), in 48 Kilometer Entfernung zur Stadt Armero (Kolumbien), aber abgesehen von leichten Aschregen erschien die Aktivität nicht besorgniserregend. 
Gegen Abend hin gingen die meisten der 25.000 Einwohner schlafen, auch wenn die entfernten Geräusche nun doch etwas besorgniserregend wurden. 
Um 23:00 überraschte ein plötzliches Getöse, von Überlebenden mit einem Schrei  beschrieben, und Beben die Einwohner von Armero. Eine Mischung aus Wasser, Schlamm und Schutt überschüttete die gesamte Stadt, gefolgt  von 3 bis 4 einzelne Wellen die von Augenzeugen zunächst als "kalter Schlamm", gefolgt von "kochendem Schlamm" , beschrieben wurden - die Schlammströme forderten 22.000 Opfer.
Der relativ kleine Ausbruch hatte Teile der Gletscher, die den Nevado del Ruiz bedecken, geschmolzen. Das Schmelzwasser hatte sich mit vulkanischem Material vermischt und Lahare gebildet, die den Flusstälern an den Hängen des Vulkans folgend bis in bewohnte Gebiete vorgedrungen waren.

Abb.1. Die Gefahrenkarte für Lahare in der Umgebung des Nevado del Ruiz veröffentlichte vor der Katastrophe (oben), und Karte mit der beobachteten Verwüstung nach der Katastrophe.

Nach der Katastrophe begann eine intensive Debatte über die Verantwortung der Behörden. Die Gefahrenkarte (eine der ersten in Kolumbien) war zum Teil ignoriert worden, zum Teil falsch in den Medien dargestellt worden.
Die vulkanische Aktivität hatte bereits 1984 begonnen, und besonders im September 1985 zugenommen. Armero steht auf Lahar-Ablagerungen eines Ausbruchs von 1845, bei dieser Eruption waren 1.000 Personen umgekommen.
Erst nach der Katastrophe beschloss die Regierung von Kolumbien ein Programm für die Überwachung von Vulkanen ins Leben zu rufen, um ähnliche Katastrophen in Zukunft zu verhindern.

Literatur:

DECKER, R. & Decker, B. (1991): Mountains of Fire: The Nature of Volcanoes. Cambridge University Press. Cambridge: 243

12. November 2011

Tsunamite

Spätestens nach der Weihnachts-Katastrophe 2004 ist das Interesse an Ablagerungen die durch Tsunami(s) entstehen enorm gewachsen - das Erkennen von Paleo-Tsunamis ermöglicht es nämlich gefährdete Bereiche abzuschätzen und eventuell eine Statistik über die Wiederkehrwahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses aufzustellen.
 

Verschiedene Ansätze haben sich mit der Korngrößenverteilung von Sedimenten beschäftigt, um Tsunami-Ablagerungen, so genannte Tsunamite, von gewöhnlicher Hintergrundsedimentation an Küsten zu unterscheiden. Generell sind Tsunami-Ablagerungen grobkörniger und normal gradiert, Strand-Ablagerungen dagegen sind feinkörniger und weisen keine charakteristische Abfolge auf. Tsunamite müssen nicht mächtig sein - der Tsunami von 2004 lagerte eine nur 0,8 bis max. 4 m dicke Schicht ab. 
Der Kontakt zu früheren Ablagerungen (zumeist Böden des Landesinneren) ist eine erosive Diskordanz, an der Basis einer Tsunami-Schicht können daher auch Intraklasten, die vom Untergrund herausgerissen wurden, auftreten.  Kornverteilung in der gesamten Abfolge ist meistens chaotisch, von riesigen Blöcken über Sand bis hin zu Feinschlamm, generell nimmt jedoch die mittlere Korngröße in der stratigraphischen Abfolge nach oben hin ab.

 Abb.1. Generelles Schema einer Tsunami-Stratigraphie.

Aufgrund der Verteilung der Korngrößen innerhalb rezenter Tsunamite wurden die Ablagerungsbedingungen innerhalb eines Tsunamis rekonstruiert: zunächst transportieren starke Grundströmungen rollend grobkörniges Material, darauf folgen normal gradierte Feinsedimente, von schwächeren Strömungen bzw. Stillwasser abgelagert. Diese Abfolge kann mehrfach auftreten, je nach Anzahl und Stärke aufeinanderfolgenden Tsunami-Wellen. Ein Großteil der Sedimente wird in Suspension transportiert, daher fallen die feinen Partikel bei nachlassender Strömung und geringeren Turbulenzen aus - hier gleichen die Tsunami-Ablagerungen normal abgelagerten Stillwassersedimenten.
Die Dicke und mittlere Korngröße von Tsunami-Schichten nimmt generell landeinwärts hin ab, allerdings können topographische Faktoren die Verteilung beeinflussen, so sind auch Tsunamite bekannt bei denen die Korngröße ins Landesinnere hin zunimmt.

Literatur:

DAWSON, A.G. & STEWART, I. (2007): Tsunami deposits in the geological record. Sedimentary Geology 200: 166-183
GOFF-CHAGUE, C.; SCHNEIDER, J.-L.; GOFF, J.R.; DOMINEY-HOWES, D & STROTZ, L. (2011): Expanding the proxy toolkit to help identify past events - Lessons from the 2004 Indian Ocean Tsunami and the 2009 South Pacific Tsunami. Earth-Science Reviews 107: 107-122
PETERS, R. & JAFFE, B. (2010): Identification of Tsunami Deposits in the Geologic Record: Developing Criteria Using Recent Tsunami Deposits. USGS, Reston, Virginia: 39
SHIKI, T.; TSUJI, Y.; YAMAZAKI, T. & MINOURA, K. (2008): Tsunamiites Features and Implications. Elsevier: 426

8. November 2011

Der Donnerstein von Ensisheim

"Bey einem solchen Zusammensturz werden sich nach allgemeinen Naturgesetzen folgende Phänomene ereignen: Trüber Himmel ist das erste, dann Regen, Hochgewitter und Orkane; die Seen und Flüsse treten endlich aus den Ufern, das Meer geht von Osten nach Westen über die niedrigsten Küstenländer und dann später auch über die höchsten Erdrücken hinweg…[] Fällt er auf die südliche Erdhälfte, so haben wir Orkane, Erdbeben und wegen der Wasserverteilung zuletzt Überschwemmungen über die höchsten Berge; fällt er in die nördliche, so sehen wir nichts davon, denn wir sind dann schon lange todt, weil sich die Wasser beyder Weltkörper zuerst berühren und bey uns zu mehr als tausend Meilen aufthürmen…[]
Gänzlicher Untergang aller auf dem Lande lebender Wesen wird die Folge seyn und wenn sich nach Jahrtausenden einst das Meerwasser in dem Äther verloren hat, werden auch neue Thierarten auf dem Lande zu leben häufige Versuche gemacht haben, wovon ihnen ohne Zweifel nach Jahrtausenden mehrere gelungen seyn werden.
"
Franz von Paula Gruithuisen (1774-1852) "Ueber die Natur der Kometen..." (1811)

Am 7. November 1492, um 11.30 geschah ungeheuerliches nahe der Stadt Ensisheim im heutigen Elsass. Am Himmel war ein "Blitz und lang anhaltendes Donnern" zu hören und bald darauf wurde in einem Weizenfeld ein Stein in einem "halben Menschenlänge" tiefen Loch entdeckt. Mit Hilfe einiger starker Männer und eines Ochsenkarrens wurde der Stein in einer feierlichen Prozession in die Stadt gebracht.

Abb.1. In einem zeitgenössischen Bild aus der “Schweizer Bilderchronik des Luzerners“, von Diebold Schilling  (1512), wird der seltsame Vorfall von Ensisheim ausführlich dargestellt und beschrieben.

Der österreichische Kaiser Maximilian I der in der Stadt weilte ordnete an den Stein in der örtlichen Kirche zu verwahren. Dies schien notwendig, da solch seltsame, vom Himmel gefallene Steine als gefährliche Vorboten des Krieges, der Pest und der Hungersnot angesehen wurden. Nur indem man den Stein in Ketten auf heiligen Boden verwahrte konnte der böse Bann gebrochen werden. Allerdings verhinderte der vermeintliche Fluch nicht das der Kaiser und andere Personen Stücke als Souvenir vom Stein abschlagen ließen. 
Der 127 Kilogramm schwere Stein wurde rasch als "Donnerstein von Ensisheim" bekannt und die Nachricht wurde mittels Flugblätter in ganz Europa verbreitet. In einem der ersten Broschüren betont der Humanist Johann Bergmann von Olpe dass in den vorherigen Jahren bereits viele seltsame Erscheinungen am Himmel beobachtet wurden, keine aber seltsamer als dieser Stein, dessen Donner angeblich über ganz Europa gehört wurde.
Der Donnerstein von Ensisheim ist heute einer der ältesten beschriebenen Meteoritenfälle von denen Material noch erhalten ist. Viele Meteoriten, vor allem wenn sie aus Eisen bestanden, wurden als Rohmaterial verwendet, oder im Laufe der Zeit zerstückelt um Kuriositätenkabinetten zu zieren oder gingen einfach verloren. Die Herkunft der Steine vom Himmel oder genauer gesagt aus dem All wurde erst im späten 18. Jahrhundert wissenschaftlich beschrieben. In 1794 publiziert der Deutsche Arzt und Anwalt Ernst Friedrich Chladni (1756-1827) eine umfangreiche Sammlung von Augenzeugenberichte und geologisch-petrologischen Untersuchungen unter dem Titel "Über den Ursprung der von Pallas gefundenen und anderer ihr ähnlicher Eisenmassen, und über einige damit in Verbindung stehende Naturerscheinungen".

Literatur:

BÜHLER, R.W. (1992): Meteorite – Urmaterie aus dem interplanetaren Raum. Weltbild Verlag:, Augsburg: 192

1. November 2011

Das Erdbeben von Lissabon

Zusammenfassung des Artikels auf Scientific American
"November 1, 1755: The Earthquake of Lisbon: Wrath of God or Natural Disaster?"

Am 1. November 1755 - Allerheiligen - bereitete sich die portugiesische Hafenstadt und Hauptstadt Lissabon auf einen sonnigen und feierlichen Tag vor.
Um 9:40  begann eine Folge von drei Erdbeben die insgesamt 6 bis 10 Minuten dauern sollte. Die Einwohner flüchteten in Panik aus den engen Gassen und vor den herabstürzenden Trümmern in Richtung Regierungsviertel und Hafen, wo große offene Plätze Sicherheit versprachen. Aber vierzig Minuten nach dem ersten Erdbeben rollte eine bis zu 14 Meter hohe Flutwelle auf die Kaianlagen und dem Flusslauf des Tejo hinauf - tausende Menschen wurden von der Flut fortgerissen. Nach dem Beben und der Flut brach Feuer in der Stadt aus - die Brände wüteten für Tage - am Ende waren dreiviertel der Gebäude der Stadt dem Erdboden gleichgemacht.
Die Auswirkungen des Erbebens, in Form von Erschütterungen,waren beinahe in ganz Nordeuropa  spürbar, die Tsunami-Welle erreichte sogar die Küsten der karibischen Inseln.


Dokumentation "Wilder Planet - Gefahr für Lissabon" (12.07.2009)


Die Zerstörung des erzkonservativen Lissabon hatte weitreichende Folgen für die Theologie und Philosophie des ausklingenden 18 Jahrhunderts. Wie konnte Gott die Zerstörung und so großes Leid zulassen?
Viele Naturphilosophen hatten bereits seit dem Altertum Erdbeben als natürliche Erscheinungen angesehen - Auswirkungen von Luftzirkulation in der Kruste der Erde, elektrische Entladungen oder Explosionen von brennbaren Gasen - oder zumindest als Wirkungen eines Gottes der mittels Naturgesetze die Welt beeinflusste.
Aber erst mit der Verbreitung der Neuigkeiten aus Lissabon wurde die Diskussion, ob Erdbeben Erscheinungen die mittels Naturgesetze beschrieben und erklärt werden können, in eine breitere Öffentlichkeit getragen.

"Wir akzeptieren Schießpulver, Feuer und Gift als gewöhnliche Gefahren des Lebens, und wir glauben nicht, dass uns diese Dinge auf übernatürlichen Befehl ereilen, als Strafe für unsere Sünden. Nur wenn es sich um Erdbeben handelt, dann rutschen wir zurück in die Panik unserer primitiven Ängste. Wir müssen nun versuchen, uns anzugewöhnen, an Erdbeben zu denken, wie wir an Stürme denken, und zu erkennen, dass sie wirklich sehr normale Ereignisse sind…[]"
Antonio Nunes Ribeiro Sanches (1699-1783), portugiesischer Arzt und Intellektueller

Literatur:

KÖLBL-EBERT, M. (2005): Lissabon 1755 – Anatomie einer Erderschütterung. Archaeopteryx – Jahreszeitschrift der Freunde des Jura-Museums Eichstätt 23: 83-98
KOZAK, J. & CERMAK, V. (2010): The Illustrated History of Natural Disasters. Springer-Verlag: 203
UDIAS, A. (2009): Earthquakes as God’s punishment in 17th- and 18th-century Spain. In KÖLBL-EBERT, M. (ed.) Geology and Religion: A History of Harmony and Hostility. The Geological Society, London, Special Publications, 310: 41-48
WALKER, B. (1982): Earthquake – Planet Earth. Time Life Books: 154

20. Oktober 2011

Auf den Spuren der Spurenkunde

Zusammenfassung des Artikels auf Scientific American
"On the Track of Ichnology"

"Allerdings hat Barrymore bei der Untersuchung eine falsche Behauptung aufgestellt. Er sagte, um den Leichnam herum habe es keine anderen Abdrücke gegeben. Er habe jedenfalls keine gesehen. Aber ich habe welche bemerkt - etwas entfernt, doch frisch und deutlich zu erkennen."
"Fußspuren?"
"Fußspuren."
"Von einem Mann oder einer Frau?"
Dr. Mortimer schaute uns einen Moment merkwürdig an und seine Stimme wurde fast zu einem Flüstern, als er antwortete:
"Mr. Holmes, es waren die Abdrücke eines riesengroßen Hundes!
"
"Der Hund der Baskervilles"; Arthur Conan Doyle 1901

Ichnologie - die Spurenkunde - gilt als relativ junger Zweig der Geowissenschaften, da die erste (nach heutigen Kriterien) wissenschaftliche Publikation über Wirbeltierspuren aus Permischen Sandstein-Formationen erst 1831 veröffentlicht wurde. Allerdings haben bereits alte Legenden oft Spuren als die Ergebnisse einer Bewegung oder des Verhaltens eines Organismus erkannt, auch wenn letztendlich die Verursacher als mythische Wesen -Riesen oder Sündflut-Vögel - identifiziert wurden. Ichnologie untersucht die Spuren und Zeichen die Organismen in ihrer Umwelt hinterlassen, die bekanntesten sind Trittsiegel und Fußspuren, aber auch Bohrgänge, Nester, Grabbauten, Abdrücke, Spuren von Pflanzenwurzeln, Exkremente und menschliche Artefakte können dazu gezählt werden.

 
Abb.1. Isochirotherium infernii - fossiler Fußabdruck. Die Zuordnung einer Ichno-art zu einer realen Art ist schwierig, nur in seltenen Fällen sind nämlich Verursacher und Spur zusammen erhalten. Allerdings kann man durch anatomische Studien der fossilen Reste aus denselben Gesteinsformationen auf eine mögliche Verbindung schließen. Chirotherium wird mit frühen Vertretern der Archosauria in Verbindung gebracht.

Ichnofossilien wurden bereits im Altertum als etwas Außerordentliches anerkannt, die frühesten naturwissenschaftlichen Deutungen stammen allerdings aus dem 15 Jahrhundert.
Das Universalgenie Leonardo da Vinci (1452-1519) war sehr an Geologie interessiert und erkannte auch die organische Natur von Fossilien. Die Gebiete um die italienische Po-Ebene sind reich an Aufschlüssen mit mesozoischen und känozoischen Sedimente, die neben gewöhnlichen Fossilien auch zahlreiche Spurenfossilien enthalten.

Abb.2. Chondriten aus der "Marne a Fucoidi" -Formation (Mergel der Oberkreide), Fundort Bottaccione-Schlucht nahe der Stadt Gubbio, Umbrien.

"In den Bergen rund um Parma und Piacenza, noch im Gestein steckend, werden zahlreiche Schalen und Korallen entdeckt, die voller Bohrgänge sind. Wenn ich in Mailand ...[]...arbeitet brachten gewisse Bauern ganze Säcke zu mir in die Werkstatt."

Leonardo erkannte dass Spuren auf den einzelnen Schichtflächen beweißen, dass es sich um ehemalige Oberflächen eines Sandstrandes handelt

"... zwischen der einen und anderen Gesteinsschicht sind [zu finden] die Spuren von Würmern, welche in ihnen krochen als sie noch nicht trocken waren"

Leider vertraute Leonardo all diese Beobachtungen und Spekulationen nur seinen geheimen Notizbüchern an, in der Geschichte und Entwicklung der modernen Geologie spielt er daher eigentlich keine Rolle.
Aber es waren auch gefährliche Zeiten, der italienische Naturforscher Ulisse Aldrovandi (1522-1605) verbrachte seine letzten Lebensjahre in Hausarrest, auch aufgrund seiner wissenschaftlichen Studien.
Wie da Vinci war Aldrovandi ein Sohn der Renaissance: Er studierte Jura und Philosophie, zeigte sich aber auch an Zoologie, Botanik, Medizin und Geologie interessiert.
In einer seiner wichtigsten naturwissenschaftlicher Arbeiten - das "Musaeum Metallicum" veröffentlicht im Jahre 1648 - beschreibt er, klassifiziert und zeichnet hunderte von "fossilia", ein Begriff der alle Gegenstände die aus der Erde ausgegraben wurden umfasst: Gesteine, Böden, fossile Harze, Mineralien und Spurenfossilien - und nebenbei auch einige Monster und andere Kuriositäten.
Aldrovandi vergleicht auch einige Fossilien mit anatomischen Teilen oder Spuren von modernen Tierarten, bei anderen "fossilia" bevorzugt er dann doch die Erklärung einer inorganischen Genese - Fossilien im moderne Sinn, als versteinerte Organismenreste, werden erst 300 Jahre später allgemein akzeptiert sein.

Abb.3. Abbildung von "fossilia" aus Aldrovandi´s "Musaeum Metallicum" (1648), die obere bezeichnete er als "Silicem dactylitem", in Anlehnung an die modernen Bohrgänge von Pholas dactylus, eine am Mittelmeer verbreitete Art von Muschel die in selbst gegrabene Hohlräumen im Kalkgestein lebt. Aldrovandi stellt klar eine Verbindung von den fossilen Bohrgängen zu der modernen Aktivität von grabenden Organismen auf.
Die untere "fossilia" bleibt dagegen ein Rätsel, Aldrovandi beschreibt sie als Schlangenstein, bleibt aber ein Erklärung schuldig. Die fabelhafte, realistische Darstellung lässt vermuten dass es sich um Grabgänge von einem wurmartigen Organismus (oder zumindest ein wirbelloses Tier) handelt (Cosmorhaphe).

Abb.4. Spurenfossilien in Sandsteinen der Gröden-Formation (Dolomiten).

Aldrovandi´s Spekulationen sind nicht immer richtig: Bei manchen Objekten ist er völlig ratlos um was es sich handeln könnte, manchmal  vermutet er bei Mineralien eine organische Bildung, er beschreibt Steine mit menschlichen Gesichtern und sogar versteinerte Katzen. Dies mindert aber nicht seine Bemühungen Ordnung in das anscheinende Chaos von Fossilien, Mineralien und Gesteine zu bringen - begrenzt  in seier Forschung durch das Wissen und die Möglichkeiten seines Zeitalters, besteht doch kaum Zweifel dass Aldrovandi seiner Zeit um Jahrhunderte voraus war.

Literatur:

BAUCON, A. (2008): Italy, the Cradle of Ichnology: the legacy of Aldrovandi and Leonardo. Studi Trent. Sci. Nat., Acta Geol., 83: 15-29
BAUCON, A. (2009): Ulisse Aldrovandi (1522-1605): The Study of Trace Fossils During the Renaissance. Ichnos, 16: 4, 245 – 256
BAUCON, A.. (2010): Leonardo da Vinci, the founding father of Ichnology. PALAIOS 25: 361-367
LEONARDI, G. (2008): Vertebrate ichnology in Italy. Studi Trent. Sci. Nat., Acta Geol., 83 (2008): 213-221
LOCKLEY, M. &  MEYER, C. (2000): Dinosaur Tracks and other fossil footprints of Europe. Columbia University Press: 323
MAYOR, A. & SARJEANT, W.A.S. (2001): The Folklore of Footprints in Stone: from Classical Antiquity to the Present. Ichnos 8(2): 143-163
WAGNER, E.J. (2006): The Science of Sherlock Holmes – From Baskerville Hall to the Valley of Fear, the Real Forensics Behind the Great Detective’s Greatest Cases. John Wiley & Sons: 244

30. September 2011

Archaeopteryx: Die Alte Feder

Eine kurze Notiz, nicht einmal eine ganze Seite lang, zurückdatiert auf den 30. September 1861: so benennt der deutsche Paläontologe Christian Erich Hermann von Meyer eine sensationelle neue Art und das was noch heute als Popikone der Evolutionslehre angesehen wird: Archaeopterix [sic*] lithographica. Meyer hatte den Abdruck einer einzelnen Feder untersucht die 1860 in der Plattenkalk-Formation von Solnhofen entdeckt worden war. Nachdem er festgestellt hatte, dass es sich bei dem Fossil weder um eine Fälschung noch um ein rezentes Exemplar handelte, und nach der Entdeckung eines beinahe vollständigen Exemplar in 1861 (Londoner Exemplar), fühlte er sich sicher genug um das Fossil als neue Art von mesozoischen Vogel zu bestimmen - der erste bekannte Vogel aus dem Erdmittelalter überhaupt. 

Abb.2. Der Abdruck und Gegenabdruck der ersten beschriebenen Archaeopteryx-Feder wird heute im Paläontologischen Museum in München und Naturhistorischen Museum Berlin aufbewahrt.
Archaeopteryx gehört heute, 150 Jahre nach der Erstbeschreibung, zu den seltensten fossilen Wirbeltierarten - nur 10 Exemplare sind offiziell bekannt.

Literatur:

MEYER v., H. (1861): Archaeopterix lithographica (Vogel-Feder) und Pterodactylus von Solenhofen. Neues Jahrbuch fur Mineralogie, Geognosie, Geologie und Petrefakten-Kunde. 6: 678-679
OWEN, R. (1863): On the Archaeopteryx of von Meyer, with a description of the fossil remains of a long-tailed species, from the lithographic stone of Solenhofen. Philosophical Transactions of the Royal Society of London 153: 33-47 


* im Inhaltsverzeichnis des Jahrbuchs hat sich offensichtlich ein Fehlerteufel ausgetobt, Meyer selbst nutzt die richtige Schreibweise in seiner Notiz

19. September 2011

Die Gletschermumie

Zusammenfassung des Artikels auf Scientific American
"September 19, 1991: The Iceman Natural History"

Es war ein schneller und einsamer Tod, der ungefähr 45 Jahre alte Mann wurde von einem Pfeil in den Rücken getroffen und verblutete innerhalb weniger Minuten hingekauert in einer Flachen Mulde im steinigen Gelände. Die Leiche wurde am Tatort zurückgelassen, die Angreifer vermuteten wohl das Tiere und die Zeit die Leiche "entsorgen" würden, aber die trockene und kalte Luft auf über 3.200 Meter Meereshöhe trocknete den Körper rasch aus. Während des Winters bedeckte Schicht um Schicht aus Schnee die Mulde und den Körper, der Schnee wandelte sich mit der Zeit in Eis um und das Eis konservierte den Leichnam für die nächsten Jahrtausende.

Abb.1. und 2. Schnee bedeckt im Spätsommer die Mulde in der die Mumie eines kupferzeitlichen Mannes gefunden wurde.
Erst am 19. September 1991 - vor 20 Jahren - entdeckten zwei deutsche Touristen, Helmut und Erika Simon, auf eine Wandertour rund um die Similaunhütte die Mumie die nach einer starken Abschmelzphase der Gletscher aus dem Eis herauslugte.
Ötzi - wie er bald darauf von den Medien getauft wurde - ist eine einzigartige Zeitkapsel aus der Epoche der späten Kupferzeit. Aber die Untersuchung des Leichnams und der mitgeführten Ausrüstung erbrachte nicht nur kulturgeschichtlich wichtige Informationen, sondern lieferte auch Hinweiße der Gletschergeschichte während der ersten Hälfte des Holozäns. Glaziale Sedimente die aus diesem Zeitabschnitt stammen existieren praktisch nicht, spätere Gletschervorstöße haben sie erodiert. Kleinere Gletscherstände wurden jedoch aufgrund klimatischer Hinweiße aus Pollenkurven vermutet.
Während des letzten Hochglazials vor ungefähr 18.000 waren die Zentralalpen beinahe vollständig von Eis bedeckt, nur die höchsten Grate und Gipfel lagen wie Inseln inmitten des weißen Meers verteilt. Im Bereich der Similaunhütte konnte eine Erosionslinie die vom fließenden Gletschereis verursacht wurde auf eine Meerehöhe von 3.060 zu 3.400 Metern gefunden werden.
Die Mumie liegt auf 3.200 Metern und wurde mittels Radiokarbonmethode auf ein Alter von 4.500-4.580 Jahre datiert. Die Einbettung in Eis und die gute Erhaltung lassen vermuten dass Ötzi relativ rasch nach seinem Tod von Schnee und später von Eis bedeckt wurde - die Landschaft also zunächst eisfrei war und sich bald darauf ein Gletscher zu bilden begann. Dieser klimatische Wandel ist auch durch Bodenhorizonte nahe der Fundstelle belegt, die ebenfalls Alter von 5.600 bis 3.800 Jahre aufweisen. Böden brauchen ein eisfreies Gelände und größere Zeitabschnitte um sich zu bilden, man vermutet 500 bis 1.200 in diesem Fall - also herrscht zumindest in diesen Zeitabschnitt ein relativ mildes Klima.
Der Eismann und seine Fundstelle beweißen dass zwischen 9.000 und 5.000 Jahren die Gletscher kleiner waren als in der nachfolgenden zweiten Hälfte des Holozäns.

Auch die Artefakte ermöglichen eine Rekonstruktion der Umgebung von Ötzi. Der Mann aus dem Eis konnte aus einer reichen Umwelt benötigte Rohstoffe gewinnen: Die Axt und der Bogen sind aus elastischem Holz der Eibe (Taxus baccata) hergestellt, die 14 Pfeile aus hartem Holz der Hasel (Corylus avellana), der Dolchgriff besteht aus hartem Eschenholz (Fraxinus excelsior), das Halfter ist mit Rinde der Linde (Tilia) hergestellt. In einem Birkenrindengefäß (Betula) wurde Holzkohle von Fichte oder Lärche (Picea / Larix), Kiefer (Pinus mugo), Grünerle (Alnus viridis), Weide (Salix reticulata) und Ulme (Ulmus) gefunden.

Die meisten dieser Arten kommen noch heute in den Tallagen des Vinschgaus und des Schnalstales vor: ein von Laubholz dominierter, Wärme-liebender Mischwald.

Die botanische Hinweiße bestätigen ein Klima vergleichbar den modernen Verhältnissen, mit Gletschern ähnlicher Ausdehnung wie in den modernen Zeitepochen - allerdings mit der fortschreitenden Klimaerwärmung und der verstärkten Gletscherschmelze sind die Gletscher auf ein historisches Minimum zurückgewichen, dass in den letzten 5.000 Jahren nicht unterschritten wurde  - und sie schmelzen weiter.

Abb.3. Rekonstruktion des Holozäns in den europäischen Alpen mit Gletscherschwankungen in der Schweiz und Österreich nach MAISCH (2000), PATZELT et al. (1996) und PATZELT (2000). Der erste Teil des Holozäns wurde von einem relativ milden Klima gekennzeichnet, mit geringfügigen Schwankungen der Alpengletscher - Ötzi starb während eines Gletschervorstoßes mit der Bezeichnung Rotmoos II.
Literatur:

BARONI, C. & OROMBELLI, G. (1996): Short paper – the alpine “Iceman” and Holocene Climatic Change. Quaternary Research 46: 78-83
MAGNY, M. & HAAS, J.N. (2004): Rapid Communication – A major widespread climatic change around 5300 cal. yr BP at the time of the Alpine Iceman. Journal of Quaternary Science 19(5): 423-430
MAISCH, M. (2000): The longterm signal of climate change in the Swiss Alps: Glacier retreat since the end of the little Ice Age and future ice decay scenarios. Geogr. Fis. Dinam. Quat. 23: 139-151
OEGGL, K. (2009): The significance of the Tyrolean Iceman for the archaeobotany of Central Europe. Veget. Hist. Archaeobot. 18:1-11
PATZELT, G.; BORTENSCHLAGER, S. & POSCHER, G. (1996): Exkursion A1 – Tirol: Ötztal-Inntal. Exkursionsführer DEUQUA-Tagung Gmunden/Oberösterreich 14-16.9.1996: 23
PATZELT, G. (2000): Natürliche und anthropogene Umweltveränderungen im Holozän der Alpen. Rundgespräche der Komission für Ökologie, Bd. 18 Entwicklung der Umwelt seit der letzten Eiszeit: 119-125

31. August 2011

Goethes Geologische Betrachtungen

"Er sondere sorgfältig aus, was er gesehen hat, von dem, was er vermutet oder schließt. Jede richtig aufgezeichnete Bemerkung ist unschätzbar für den Nachfolger, indem sie ihm von entfernten Dingen anschauende Begriffe gibt, die Summe seiner eigenen Erfahrung vermehrt und aus mehreren Menschen endlich ein gleichsam ein Ganzes macht."
Johann Wolfgang von Goethe in einem Brief an Herzog Ernst II, 1780.

Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) - ist heute als der deutsche Autor und Dichter bekannt, nebenher betätigte er sich aber auch als Anwalt, Politiker, Künstler und als begeisterter Naturwissenschaften. Besonders die Geologie und Paläontologie hatte es ihm angetan, und zeitlebens untersuchte er verschiedene geologische und paläontologische Phänomene.
Eines dieser Phänomene lag genau vor seiner Haustür, oder besser gesagt, unter ihr.
Im Jahre 1775, Goethe war bereits ein hoch angesehener Autor, wurde er nach Weimar auf den Hof des Herzogs Carl August eingeladen und die Stelle des Minister für Berg- und Wegebau angeboten. Der Herzog wird ein guter Freund Goethes werden und ihn zeitlebens in seinen naturwissenschaftlichen Studien fördern.

"Ich kam höchst unwissend in allen Naturstudien nach Weimar, und erst das Bedürfnis, dem Herzog bei mancherlei Unternehmungen, Bauten, Anlagen praktische Ratschläge geben zu können, trieb mich zum Studium der Natur."

Goethe wurde bald darauf vom Sammelfieber gepackt, in den Jahren 1780 bis 1832 sammelte, tauschte und kaufte er mehr als 18.000 mineralogische, paläontologische und geologische Kuriositäten - allein die Fossilien umfassen 718 Exemplare.
Besonders interessant in dieser Sammlung sind an die 100 Proben die er in quartären Travertinen aus der Umgebung von Weimar sammelte. Der Untergrund von Weimar besteht aus mesozoischen Kalksteinen, das durchsickernde Grundwasser ist daher stark an Calciumkarbonat übersättigt. An Quellen und Rinnsälen fällt der Kalk in Form von Travertin aus, der auch heute noch organische Reste mit einer Hülle aus Kalkkristallen umschließt. In den Warmzeiten der letzen glazialen Periode war die Kalkausfällung sogar noch stärker als heute.
Die Ehringsdorf- Formation, wie der Travertin nach einem kleinen Dorf nahe dem Stadtzentrum von Weimar geologisch benannt wurde, ist reich an Pflanzenabdrücken und besonders an Fossilien von großen Säugern, die im Travertin versiegelt wurden und teilweise noch in der Originalsubstanz erhalten geblieben sind.

Zu den bemerkenswertesten Fossilien aus der Ehringsdorf-Formation gehören Fragmente von Stoß- und Backenzähnen des zwischeneiszeitlichen Waldelefanten Palaeloxodon antiquus, Fragmente des Kiefers und Zähne des Wollnashorns Dicerorhinus kirchbergensis, Knochen und Zähne des Eiszeitbisons Bison priscus, Knochen einer Pferdeart (Equus taubachensis), Knochen der Braunbär (Ursus arctos), Knochen- und Geweihfragmente von Rotwild (Cervus elaphus) und ein "versteinertes Ei" eines Kranichs (Grus grus).

Goethe beschäftigte sich mit der Idee seine geologische und paläontologische Beobachtungen der Fossilien von Weimar zu veröffentlichen und kontaktierte am 8., Januar 1819 den Geologe Carl Caesar von Leonhard (1779-1862), Herausgeber der bedeutenden Fachzeitschrift "Leonhards Taschenbuch für Geologie und Mineralogie":

"So haben wir ganz nahe bei Weimar treffliche fossile Knochen neuerdings entdeckt: eine halbe Oberkinnlade mit Zähnen, ganz dem Paläotherium ähnlich, mit Resten von Elephanten, Hirschen, Pferden und was sich sonst zusammen zu halten pflegte."

Abb.1. Kieferknochen und Zahn eines Rothirsches (Cervus elaphus) aus der Sammlung Goethes. Teile der Sammlung sind heute in der "Parkhöhle" (ein Stollensystem das ab 1795 angelegt wurde, und in den folgenden Jahrhunderten als Steinbruch, Lagerraum, Brauerei, Luftschutzkeller und Museum verwendet wurde), im Park an der Ilm, ausgestellt.

Abb.2. Kieferknochen und Zahn von Stephanorhinus (Dicerorhinus) kirchbergensis. Die alten Etiketten zu den Sammlungsstücken stammen teilweise aus der Hand von Goethes Sohn August.

Abb.3. Equus sp. - Zähne.

Doch aufgrund seiner politischen Ämter und anstehenden Aufgaben wurde der geplante Artikel nie fertig gestellt.
Einige Jahre später, im Jahre 1821, setzte sich der Amateur-Geologe Christien Kieferstein (1784 -1866) mit Goethe in Kontakt und bat ihn um Informationen über die Aufschlüsse in der Stadt Weimar.
Seltsamerweise war Goethe nicht in der Lage - oder vielleicht auch nicht bereit - diese Informationen sofort zu senden. Erst zwei Jahre später und nach Rücksprache mit seinem Sohn August Goethe erhielt Kieferstein endlich eine stratigraphische Beschreibung und einige Proben des Travertins von Weimar.
August Goethe hatte die "Tuffstein-Höhlen an der Stadtgrenze" während des 8. und 11. August 1823 besucht, Proben gesammelt und noch am selben Tag die Notizen zu Kieferstein verschickt. Im September wurde August von seinem Vater begleitet und gemeinsam nahmen sie in einem Steinbruch ein stratigraphisches Profil auf. 

Es wird nun bald die Zeit kommen, wo man Versteinerung nicht mehr durcheinanderwerfen wird.
August plante alle diese Beobachtungen zu veröffentlichen, leider verhinderte sein frühen Tod im Jahre 1830 diese Absicht.

Die handschriftliche Notizen und Skizzen sind jedoch bis heute erhalten und werden im Goethe- und Schiller-Archiv in Weimar aufbewahrt. Die Bemerkungen der Goethes des 19. Jahrhunderts waren so genau, dass sie im 20. Jahrhundert zur Korrelation ehemaliger Steinbrüche und moderne Bohrungen herangezogen wurden.
Abb.4 Stratigraphisches Profils eines Steinbruchs "ohngefähr 10 Minuten südlich von Weimar und rechts des Chaussees nach Belvedere", nachgezeichnet von STEINER 1996 nach GOETHE & GOETHE 1823: Beschriftung nach den ursprünglichen Bemerkungen von Goethe: 01. Nummerierung der Schichten 02. Pflanzenreste 03. Mollusken und Säugetiere im Travertin 04. Kompakte Travertin-Schichten 05. Spröde Travertin-Schichten 06. Armleuchteralgen- und Moos-Travertin 07. Großsäugerknochen 08. Molluskenreste 09. Pflanzenstängel 10. Silt 11. Sand 12. Solifluktions- Horizonte mit Kieselsteinen 13. Aktueller Boden.

Abb.5 Die allgemeine Stratigraphie der Ehringsdorf-Formation nach modernen Kriterien in einem rezenten Steinbruch aufgenommen:
Über eine Abfolge von Konglomeraten mit kristallinen und karbonatischen Komponenten (glaziale Sedimente der letzten Eiszeit) folgen bräunlich bis gelbliche geschichtete Sand- und Siltablagerungen eines Schwemmfächers der Paläo-Ilm. Darüber folgt der "untere Travertin", eine Abfolge von kompakten und unverfestigten Bänken aus Travertin. Der "unter Travertin" wird vom "oberen Travertin" durch den so genannten "Pariser" getrennt. Der eigentümliche Name dieser braunen Lehmschicht leitet sich von der Beschreibung der Ablagerung durch den Botaniker Dr. Herbst 1860 als "Poröser Kalktuff" ab (der Pariser bildet auch die Abbau/Felsstufe im Steinbruch). Der obere Travertin ist vergleichbar mit dem unteren, unterscheidet sich aber an seiner leicht gräuliche Farbe und das Vorhandensein verschiedener fossiler Bodenhorizonte (einer davon der Pariser). Als Ablagerungsraum wird ein Auenwald angenommen, in dem kalkhaltige Wässer aus dem Boden sickerten und den Travertin ablagerten.


Abb.6. Auch heute noch ist es nicht ungewöhnlich Knochenfragment in der Ehringsdorf-Formation zu entdecken.

Literatur:

ENGELHARDT, W.v. (2003): Goethe im Gespräch mit der Erde. Landschaft, Gesteine, Mineralien und Erdgeschichte in seinem Leben und Werk. Hermann Böhlaus Verlag, Weimar: 375
STEINER, W. (1996): Die Parkhöhle von Weimar. Abwasserstollen, Luftschutzkeller, Untertagemuseum. Stiftung Weimarer Klassik: 62

8. Juli 2011

Das Tunguska- Ereignis

"Dies war keine Frucht von Planeten und Sonnen die durch Teleskope oder auf den photographischen Platten unserer Observatorien zu erkennen wären. Dies war kein Hauch von den Himmeln deren Bewegungen und Dimensionen von unseren Astronomen vermessen werden, oder die ihnen als zu unendlich für jede Messung erscheinen. Es war nur eine Farbe aus dem All, ein furchteinflößender Bote aus formlosen Sphären der Unendlichkeit jenseits aller uns bekannten Natur."
"Die Farbe aus dem All" von H.P. Lovecraft (1927)

Am Morgen des 30. Junis 1908, gegen 7:15 Uhr, beobachteten Augenzeugen einen großen Feuerball der quer über den Himmel der Region der Steinigen Tunguska (PodkamennayaTunguska) in Sibirien flog. Der Bauer Sergey Semjonov aus dem Dorf Vanavara:

"Ich saß auf der Veranda meines Hauses und blickte nach Norden...[] Plötzlich riss der Himmel auf und hoch über dem Wald schien alles in Feuer gehüllt zu sein. Ich spürte eine große Hitze, so als ob mein Hemd Feuer gefangen hätte."

Eine Reihe von Donnerschlägen war bis zum Dorf von Achajewskoje hörbar - in einer Entfernung von mehr als 1.200 Kilometer.
Am selben Tag wurden an verschiedenen Wetterstationen in Europa seismische und atmosphärische Druckwellen aufgezeichnet und in den folgenden Tagen waren seltsame atmosphärische Erscheinungen beobachtbar: silbrig leuchtende Wolken, farbenprächtige Sonnenuntergänge und ein unheimliches Leuchten in der Nacht.

Lokale Zeitungen in Russland berichtete von einem Meteoriteneinschlag, während internationale Zeitungen über einen möglichen Vulkanausbruch spekulierten - die Ereignisse nach dem Ausbruch des Krakatau im Jahre 1883 waren noch lebendig in Erinnerung.
Dr. Arkady Voznesensky (1864-1936), Direktor des magnetografischen und meteorologischen Observatoriums in Irkutsk, sammelte kurz nach dem Ereignis die Berichte der Augenzeugen und schlug als erster die Hypothese von einem außerirdischen Impakt vor, aber die Unzugänglichkeit des Gebietes und die politische Situation in Russland verhinderte jegliche weitere Erforschung des Phänomens für die nächsten 20 Jahre.
13 Jahre später stieß der russische Mineraloge Leonid Alexejewitsch Kulik auf einige Berichte in alten Zeitungen, die von einer Explosion und einem großen leuchtenden Objekt erzählten. Kulik interessierte sich für das Ereignis, er vermutete dass es sich bei dem Objekt um einen Meteor handelte und hoffte dass man die seltenen Metalle der Eisenmasse bergen könnte. Nach einer langen und anstrengenden Reise erblickte Kulik am 13. April 1927 eine Fläche von mehr als 2.000 Quadratkilometer mitten in der Taiga in der sämtliche Bäume umgeknickt waren - dies musste das Epizentrum der Explosion sein.

Abb.1. Der berühmte Wald von Tunguska mit den durch die Druckwelle der Explosion niedergerissenen Bäumen, Fotografie von Evgeny Krinov (1929).

Trotz intensiver Suche konnte Kulik keinen eindeutigen Meteoritenkrater identifizieren, er fand einige kreisförmige Gruben in der Mitte des verwüsteten Gebiets, die er als mögliche Einschlagskrater einzelner Fragmente interpretierte - allerdings wurde trotz aufwendiger Grabungen kein größeres Fragment aus Metall gefunden.
Kulik veröffentlichte seine Beobachtungen im Jahre 1927, bald griffen lokale und internationale Zeitschriften die Geschichte auf die als "Tunguska- Ereignis" berühmt-berüchtigt werden wird.
Kulik formulierte eine erste Hypothese um das augenscheinliche Fehlen von Einschlagskratern zu erklären: er schlug vor dass ein Asteroid bereits in der Atmosphäre zerplatze und die einzelnen Bruchstücke zu klein waren um in den sumpfigen Boden typische Krater zu hinterlassen. Kulik führte drei weitere Exkursionen ins Gebiet durch, konnte aber den Verbleib der vermuteten Fragmente nicht lösen - im Jahre 1942 wird er in deutscher Gefangenschaft sterben.

Der Mangel an direkten Beweis eines Meteoritenimpakts führte in den folgenden Jahrzehnten zu zahlreichen Spekulationen und Hypothesen:

Im Jahr 1934 schlugen sowjetische Wissenschaftler eine Kometen-Hypothese vor - ein Komet - bestehend hauptsächlich aus Eis -explodierte in der Atmosphäre und verdampft vollständig.

Zwischen 1945 und 1959 schlug der der Ingenieur Aleksander Kasantsews, beeinflusst durch die Detonation der erstens Atombomben, eine ungewöhnliche Erklärung vor: die Explosion von Tunguska war nuklearen Ursprungs, möglicherweise die Bruchlandung eines außerirdisches Raumschiffs.

In den letzen Jahren schlugen der deutsche Astrophysiker Wolfgang Kundt, der Amerikaner Phipps Morgan und die Italienerin Paola Vannucchi eine geologische Ursache der Explosion vor: so genannte Verneshots - Gasexplosionen eines Magma/Gas Gemisches unterirdischen Ursprungs.

Allerdings bleibt bis heute die Meteoriten/Kometenhypothese die überzeugendste Erklärung, vor allem aufgrund der Augenzeugenberichte, den Verlauf der umgestürzten Baumleichen und Indizien in den Sedimenten. Ein Komet/Meteor von 30-80 Meter Durchmesser, der in einer Höhe von fünf bis zehn Kilometer zerbrochen und explodiert wäre, könnte die beobachtete Zerstörung und das Fehlen eines Einschlagskraters erklären.
Verschiedene Untersuchungen konnten mineralische Bestandteile im sumpfigen Boden nachweißen, die generell mit Impakten assoziiert sind: Nanodiamanten und Schmelzkügelchen aus silikatischem und metallischen Material.

Kritiker weisen allerdings auf einige Ungereimtheiten hin - Berichte über eine Reihe von Donnern die über einen längeren Zeitraum wahrgenommen wurden passen schlecht zum Absturz eines einzelnen Himmelskörpers, außerdem sind die sedimentologischen Hinweiße auch durch eine kontinuierliche Hintergrundablagerungen außerirdischen Materials erklärbar -der beste Beweiß wäre der Fund eines eindeutigen Fragments des Meteoriteneinschlags.
Im Jahr 2007 publizierten Luca Gasperini und sein Forschungsteam der Universität von Bologna den Nachweiß eines möglichen Einschlagskraters - der 50 Meter tiefe Cheko-See, der möglicherweise nur etwas älter als 100 Jahre ist und für die Gegend außergewöhnlich tief erscheint (Seen in Permafrost sind zumeist nur oberflächliche Erscheinungen). Auch hier ist der vorgeschlagene Ursprung des Sees umstritten.
Erst die Entdeckung von außerirdischem Materials auf dem Grund des Sees könnte die Diskussion über das Geheimnis von Tunguska nach mehr als 100 Jahren eindeutig klären.

Literatur:

COLLINS, G.S.; ARTEMIEVA, N.; WÜNNEMANN, K.; BLAND, P.A.; REIMOLD, W.U. & KOEBERL, C. (2008): Comment article Evidence that Lake Cheko is not an impact crater. Terra Nova 20: 165-168
GASPERINI, L.; ALVISI, F.; BIASINI, E.; BONATTI, E.; LONGO, G.; PIPAN, M.; RAVAIOLI, M. & SERRA, R. (2007): A possible impact crater for the Tunguska Event. Terra Nova 19: 245-251
GASPERINI, L.; BONATTI, E. & LONGO, G. (2008): Reply Lake Cheko and the Tunguska Event: impact or non-impact? Terra Nova 20: 169-172
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