26. November 2016

Geologische Katastrophen und das Aussterben von Arten

Das Aussterben einer Art gehört zur Geschichte des Lebens auf der Erde. 99% aller Arten die in den letzten dreieinhalb Milliarden Jahre hier gelebt haben sind auch wieder ausgestorben. Von in prähistorischen Zeiten ausgestorbenen Arten bleiben nur Knochen und Fossilien übrig, in historischen Zeiten kommen Abbildungen und Beschreibungen und in modernen Zeiten auch Photos dazu (das erste Buch mit Tierphotographien wurde 1844 veröffentlicht). Seit 400 Jahren beobachtet man eine Zunahme der generellen Aussterberate bei Säugetiere, Reptilien und Vögel. Oft spielt dabei der Mensch eine Rolle, aber auch geologische Katastrophen können eine Art an den Rand des Aussterbens bringen … und darüber hinaus.
 

Das Aussterben des Atitlántaucher (Podilymbus gigas) am See von Atitlán (Guatemala) wurde durch die Naturforscherin Anne LaBastille (1935-2011) sehr detailliert dokumentiert. Neben anthropogenen Ursachen führte auch ein Erdbeben zum Aussterben dieser Vogelart.

Abb.1. Der Atitlántaucher, Bild aufgenommen von David G. Allen.

Die lokale Industrie und der Tourismus übernutzten den See und führten zu weitreichenden Habitatzerstörung. Vor allem der Schilfgürtel, Brutgebiet des Wasservogels, wurde zerstört. Die Population des Atitlántaucher begann daher ab 1958 stetig zurückzugehen. Im Februar 1976 gab es in Guatemala ein schweres Erdbeben. Bei diesem Beben brach das Seebett, und ein unterseeischer Abfluss sorgte dafür, dass sich der Wasserspiegel um über 6m senkte. Das letzte Reservat für den Taucher lag nun auf dem Trockenen, der Schilfgürtel vertrocknete und starb rasch ab. Versuche neue Schilfgürtel anzulegen schlugen fehl. Bis 1980 waren 60 % des Schilfgürtels am See vernichtet worden. 1983 war der Bestand der Taucher auf 32 Tiere gesunken.  1989 zählte man nur noch zwei Exemplare. Als diese beiden verbliebenen Vögel auch verschwanden, wurde der Atitlántaucher offiziell für ausgestorben erklärt.
 

Steinschlag führte fast zum Aussterben der Lord Howe Island Baumhummer (Dryococelus australis)

Abb.2. Der Baumhummer.

Wenige Exemplare überlebten rund um einen einsamen Melaleuca-Busch in der beinahe senkrechten Felswand der Pyramide von Ball, ein 562m hoher erodierter Vulkanschlot der sich 600km vor der Küste Australiens mitten im Pazifik erhebt. Der Baumhummer wurde 1920 zum letzten mal auf der Lord Howe Insel beobachtet. 44 Jahre später bemerkten einige Kletterer ein seltsames totes Insekt während eines Besteigungsversuch der Ball-Pyramide. In 2001 machten sich zwei Zoologen auf der Suche nach einem lebenden Exemplar. In 200m Höhe fanden sie den besagten Busch mit 24 Exemplare des Baumhummers. Aufgrund der kleine Population ergab sich eine langwierige Diskussion ob man einige Exemplare für die Wissenschaft und eventuelle Nachzucht sammeln könnte. Nach zwei Jahren wurde schließlich beschlossen zwei Pärchen zu entnehmen - zum Schrecken der Forscher hatte sich aber ein Felssturz in der betreffenden Felswand ereignet. Glücklicherweise hatte dieser den Myrtenheiden-Busch gerade noch verschont.
 

In der Vergangenheit lebte auf der Karibischen Insel von  Martinique eine Art von Riesenmaus - Megalomys desmarestii die im Jahre 1654 durch den französischen Naturforscher Jean-Baptiste Du Tertre beschrieben wurde, der sich dabei auch auf indigene Kochrezepte für einheimische Arten beruft. 

Abb.3. Präparat von der Karibischen Riesenmaus.

Bis 1890 war die Art generell häufig, aber Jagd, Habitatzerstörung und Konkurrenz mit eingeschleppten Arten (vor allem Jagd durch Mangusten) führte zu einer drastischen Abnahme der Population. Kleinere Gruppen überlebten an den Hängen des Berges La Pelée - einen ruhender  Vulkan. Im April 1902 erwachte der Vulkan. Am 8 Mai 1902 kam es zu einem verheerenden Ausbruch mit pyroklastische Strömen, dabei wurde die Hafenstadt St. Pierre völlig zerstörten, möglicherweise 40.000 Menschen kamen dabei um. Die Abhänge des Vulkans waren völlig verwüstet worden und kein Tier hatte dort überlebt. Spätere Expeditionen konnten keine Spuren der Riesenmaus mehr auf Martinique finden. Der Ausbruch des La Pelée hat möglicherweise das Aussterben dieser Art besiegelt.

Das 7.8M Erdbeben das am 14 November Neuseeland erschütterte forderte zwei Menschenleben und verursachte großen Schaden, darunter zahlreiche Massenbewegungen und Felsstürze. Huttons Sturmtaucher (Puffinus huttoni) oder auch kaikoura titi ist ein Vogel der entlang der Küste von Kaikoura brütet. Der Vogel gräbt Bruthöhlen in den steilen Abhängen der Kaikoura Küste und in den nahen Bergen. Die Art wird seit 1960 als gefährdet betrachtet, da verwilderte Schweine und Hermeline die Brut zerstören, und die einzigen zwei noch existierenden natürlichen Brutkolonien könnten durch das Erdbeben  stark in Mitleidenschaft gezogen worden sein. Bei einem Vorbeiflug wurde bemerkt das die größere der beiden Kolonien teilweise durch eine Rutschung verschüttet worden ist, wobei nicht nur die Bruthöhlen zerstört wurden sondern auch zahlreiche brütende Vögel getötet worden sind. 25% der Population des Sturmtauchers könnte so umgekommen sein. Auch könnten die Tiere ihre Brutkolonie auf lange Zeit hin verloren haben. Ein schwerer Schlag für diese Art die sich in den letzten Jahren relativ erholt hatte. 
Abb.4. Huttons Sturmtaucher.
 

Literatur:
 

FULLER, E. (2014): Lost Animals - Extinction and the Photographic Record. Princeton University Press: 240

10. November 2016

Der geologische Grund des Orakel von Delphi

Laut Überlieferung versetzten sich die Priesterinnen des berühmten Orakels von Delphi mit der Hilfe von Gasen, die aus einer Erdspalte ausströmten, in Trance. In diesem Zustand wisperte der Gott Apollon höchstpersönlich ihnen Zukunftsvisionen zu.

Abb.1. Die Priesterin Phytia im Orakel von Delphi, Abbildung von Heinrich Leutemann.

Es scheint das in dieser Erzählung etwas geologische Wahrheit steckt. Der Geologe Jelle de Boer und Archäologe John Hale kartierten im Gebiet um Delphi tatsächlich zwei größere Störungssysteme, die sich unter dem Tempel des Apollon kreuzen. De Boer vermutet das sich entlang der Störungen während eines Erdbebens Spalten öffnen, aus denen Gase strömen, wie Ethylen, Methan, Ethan und Kohlendioxid.  Ethylen kann in geringen Konzentrationen berauschend wirken. Alternativ können Methan und Kohlendioxid zur Atemnot und Schwindel führen. Verwirrt hätten die Priesterinnen vor sich hin gebrabbelt, das Gebrabbel wäre von weiteren Priesterinnen gedeutet wurden.
Geologe Luigi Piccardi hat auch eine Erklärung warum um 381 das Orakel von Delphi an Bedeutung verlor. Eine Serie von Erdbeben verschloss die Spalten endgültig. Da kein Gas mehr ausströmte konnten die Priesterinnen auch nicht mehr in Trance fallen und ihre Weissagungen kundtun.


5. November 2016

Gesteine Online: Ignimbrite

Ignimbrite im engeren Sinne wurden in 1932-35 von vulkanischen Ablagerungen in Neuseeland durch MARSHALL beschrieben. Es handelt sich dabei um ein Gestein bestehend aus Kristall- und Gesteinsbruchstücken, die durch die hohen Temperaturen bei ihrer Ablagerungen – aus großflächigen  pyroklastischen Strömen -  regelrecht zusammen-gesintert wurden. Ignimbrite sind gewissermaßen ein Übergang von Vulkaniten zu Sedimentgesteine, da sie aus vulkanischen Ablagerungen gebildet werden, allerdings weisen sie keine Schichtung auf.
Abb.1. Ignimbrit mit „Flammen“, die aus glasigen Schlacken bestehen, Feldspat-Kristalle und größere Bruchstücke von älteren Ignimbriten.

Im Gegensatz zu Tuffen (vulkanische Ascheablagerungen aus Eruptionswolken) zeigen Ignimbrite nicht nur keine Schichtung, sondern häufig auch säulige Absonderungen. Da Ignimbrite großflächig und auch in größerer Mächtigkeit abgelagert werden, formen sich die Säulen bei deren langsamen Abkühlung.
Abb.1. Ignimbrite mit säuliger Absonderung, "Bozner Quarzporphyr" bzw. mit modernen Namen die Auer-Formation.

Die Entstehung von echten Ignimbriten wurde rezent noch nicht beobachtet, da sie eigentlich nur bei gewaltigen Eruptionen mit sehr großen Eruptionsvolumen (der Permische "Bozner Quarzporphyr" ist bis zu 4.000 Meter mächtig) gebildet werden. In historischen Zeiten war einzig der Ausbruch des Katmai (Alaska) in 1912, wo es jedoch keine direkten Augenzeugen gab, vergleichbar. Ablagerungen von kleineren pyroklastischen Strömen, wie sie häufig bei rezenten Vulkanausbrüchen beobachtet werden, sind grobblockiger und weniger verfestigt.