8. August 2013

Löss-Geolog(i)e

In April 1834 stellte der Britische Geologe Charles Lyell seine Untersuchung über eigenartige lehmige Sedimente, die im Rheintal verbreitet waren und allgemein als "Löss" bezeichnet waren, vor. Die Bezeichnung Löss wurde das erste Mal vom Geologen Karl Cäsar von Leonhard (1779-1862) in 1823-24 benutzt um einen bräunlichen Silt in der Gegend von Heidelberg zu beschreiben. Die Entstehung dieses eigenartigen Sediments war kontrovers diskutiert von den Geologen der damaligen Zeit. 

Ganz im Geiste des Aktualismus, den Lyell vertrat, schlug er vor das der fossile Löss - ähnlich wie die rezenten Auensedimente im Rheintal - von Wasserströmungen sortiert und abgelagert worden war.
Diese Interpretation schienen Fossilien von Süßwasserschnecken, die er  1845 während einer Reise in den  Vereinigten Staaten von Amerika im Mündungsgebiet des Mississippi bemerkte, zu bestätigen. Außerdem fand er im amerikanischen Löss Knochen von Eiszeittieren, damit schien zumindest das "Post-Pliozäne" (Eiszeit) - Alter dieser Sedimente  bestätigt.
 
Eine der ersten Karten die Löss-Ablagerungen darstellte wurde zwischen den Jahren 1850-1865 aufgenommen. 

Abb.1. Die "Geologische Übersichtskarte der Österreichisch-Ungarischen Monarchie" (1867-1871). Löss (teilweise als nicht gnauer definierter "Lehm" eingezeichnet) Ablagerungen sind in gelb und hellgrünen Tönen ausgehalten.

Das damalige Kaiserreich der Habsburger umfasste große Teile Mitteleuropas und es lag im Interesse der zentralen Regierung die Verbreitung von Rohstoffe zu kenne - trotz der Tatsache das Pleistozäne Sedimente nicht Schwerpunkt waren, wurden diese dennoch relativ genau kartiert.

Franz von Hauer (1822-1899) war ausgebildeter Geologe der eine Zeitlang als Bergbauingenieur gearbeitet hatte, aber ab 1846 als wissenschaftlicher Berater des Kaiser- und königliches montanistisches Museum rasch Karriere machte (er war eines der Mitglieder die den Geologischen Dienst begründeten).
Die großmaßstäbliche Kartierung des Habsburger Kaiserreichs wurde vom Direktor des Geologischen dienst Wilhelm von Haidinger (1795-1871) initiiert und Hauer führte die Arbeiten nach 1866 weiter. Um die Kartierung zu vereinheitlichen publizierte Hauer in 1875 den Leitfaden "Die Geologie und ihre Anwendung auf die Kenntnis der Bodenbeschafftenheit der österr-ungar. Monarchie" in dem er Löss als fruchtbaren Boden pries. 
Die geologische Karte die 1867 schließlich veröffentlicht wurde war eine der genauesten bis dahin, 102 geologische Formationen wurden unterschieden (frühere Karten umfassten gerade mal 22 Farben) und eine die die Verbreitung von Löss am genauesten darstellte. Andere Quartär-Einheiten umfassen interessanterweise die Pleistozänen "Diluviale Schotter und Sand" und Löss, die Alluvialen (heute Holozän) Formationen umfassten "Torf", "Kalktuff", "Flugsand" und "Alluvium" - die Bezeichnung Diluvium-Alluvium stammen noch aus einer Zeit als eine "globalen Flut" noch als geologische Möglichkeit angesehen wurde (wobei die klassische Eiszeit-Theorie um diese Sedimente zu erlären erst in jenen Jahrzehntene allgemen diskutiert und akzeptiert wurde).

Zur Genese von Löss orientiert sich Hauer an Lyell´s Interpretation - zumindest das Ausgangsmaterial von Löss ist limnischer Natur, wobei fluviatile oder äolische Umlagerung sicher stattgefunden hat.

Erst mit den Geologen P.T. Virlet d´Aoust (1800-1894) in 1857 und vor allem mit der Beschreibung der gewaltigen Löss-Ebenen in China Seitens von Ferdinand von Richthofen wurde eine (rein) äolische Genese von Löss als geologisch möglich akzeptiert. Von 1868 bis 1872 hatte Richthofen sieben Reisen durch China und umliegende Länder unternommen und veröffentlichte seine geologisch-geographischen Beobachtungen unter dem Titel "Ferdinand von Richthofen´s Tagebücher aus China" in 1877.

Abb.2. Moderne Karte der Lössablagerungen in Europa, nach HAASE et al. 2007.

Abb.3. Sahara-Staub verdeckt den Alpenhauptkamm (Aufnahme am  4 August), Feinstaub wurde dabei von einer Schönwetterfront von der Sahara über das gesamte Mittelmeer transportiert - die mächtigen fossilen Staub/Lössablagerungen in Europa sind immer noch ein (kleines) geologisches Rätsel - solche mächtigen Ablagerungen lassen sich nur durch die Annahme von großen Abrasionsflächen (Eiszeit-Tundra ?) erklären, von wo Windsyteme kontinuierlich Sedimente aufnehmen  und neu umlagern konnten.
 
Literatur:

DOTT, R.H. (1998): Charles Lyell´s debt to North America: his lectures and travels from 1841 to 1853. In: BLUNDELL & SCOTT (eds) Lyell: the Past is the Key to the Present. Geological Society, London, Special Publications: 143: 53-69
FRECHEN, M. (2011): Loess in Europe. Quaternary Science Journal. Vol. 60(1): 3-5
GAUDENYI, T. & JOVANOVIC, M. (2011): franz Ritter von Hauer's work and one of the first loess map of Central Europe. Quaternary International 234: 4-9
HAASE,D.; FINK,J.; HAASE, G.; RUSKE, R.; PECSI, M.; RICHTER, H.; ALTERMANN, M. & JÄGER, K.D. (2007): Loess in Europe - its spatial distribution based on a European loess Map, scale 1:2,500,000. Quaternary Science Reviews 26: 1301-1312

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