3. November 2018

Der kosmische Ursprung von Tutanchamuns Grabbeigaben

Ägypten, Tal der Könige, am frühen Morgen des 4. November 1922. Seit sechs Jahren gräbt der britische Archäologe Howard Carter hier in einem abgelegenen Tal westlich des Nils, das im Alten Ägypten als Land der Toten angesehen wurde. Zahlreiche Herrscher wurden hier bestattet und Carter hofft, hier auch das Grab des Pharao Tutanchamun zu finden. Bisher hatte Carter kein Glück und dies ist die letzte Grabungssaison, die sein Geldgeber bereit ist zu bezahlen. Doch an jenem schicksalhaften Tag hatte ein Arbeiter eine Stufe, die in die Tiefe führte, entdeckt. Als man den Schutt beiseite schafft, kommt eine Treppe zum Vorschein und schließlich eine versiegelte Tür. Einen Monat später dringen die Ausgräber in die Grabkammer ein, die mit wunderbare Dinge gefüllt war.

In einer Truhe im Inneren des Grabes entdeckt Carter ein Geschmeide, das mit einem auffälligen Skarabäus, der aus einem grünlich schimmernden Stein geschnitzt ist, verziert war. Der grüne Edelstein muss als kostbar gegolten haben, er wurde nämlich genau in der Mitte des Geschmeide aus Gold, Silber, Glasfluss und anderen edlen Gesteinen, gesetzt. Der grüne Skarabäus stellt den Sonnengot Ra dar, wie er die Barke mit der Sonnenscheibe über das Himmelsgewölbe trägt, ein ewiger Kreislauf der auch Leben, Tod und Wiedergeburt darstellt.
Carter bestimmte den Stein zunächst als Chalcedon, eine der vielen Quarzvarietäten. Im Jahre 1998 untersuchte der italienische Mineraloge Vincenzo de Michele den Skarabäus und bestimmte dessen optischen Eigenschaften. Er entdeckte, dass es sich tatsächlich um Wüstenglas handelte. Wüstenglas aus hochreinem Siliziumoxid zählt zu den seltensten Mineralien, die auf der Erde vorkommen. Seine Entstehung ist noch heute rätselhaft. 

Die libysche Wüste erstreckt sich vom Sudan im Süden bis nach Siwa im Norden, von der Dakhla-Oase im Osten bis zu den Großen Sandsee im Westen, über die zwei modernen Staaten von Libyen und Ägypten. Irgendwo von hier stammt der in den über 3.300 Jahren alten Schmuckstück gefasste Stein. Die Fundstelle von Libyschen Wüstenglas wurde 1932 vom britischen Kartografen Patrick A. Clayton während einer kartografischen Mission entlang der Grenze zu Libyen, damals unter italienischer Herrschaft, zufällig entdeckt. Fachleute vermuten, dass Wüstenglas durch Aufschmelzen und schnelles Abkühlen aus Sand entstanden ist. 

Vulkanismus allein kann dieses Glas, das typische Schmelzstrukturen aufweist und eingeschlossen Gasblasen enthält, nicht erklären. Nur der Impakt eines Himmelskörpers nördlich des Gilf-Kebir-Plateaus, tief im Inneren der Libyschen Wüste, vor 28 bis 29 Millionen Jahre kann die nötige Hitze erzeugen, bei der der Sand der Wüste aufschmolz. Spurenelement, die typisch für die meisten der auf der Erde gestürzte Meteoriten sind, stützen ebenfalls diese Erklärung. Es wäre nicht der einzige Gegenstand mit kosmischen Ursprungs der im Grab des Tutanchamuns gefunden wurde. Neunzehn Grabbeigaben wurden aus Meteoriteneisen hergestellt, darunter auch ein prächtiger Dolch, der zusätzlich noch mit Gold verziert worden war.



Bei Eisen-Meteoriten ist das Metall besonders feinkörnig und daher relativ gut bearbeitbar. Das Metall wurde durch Kalthämmern in die gewünschte Form gebracht. Nicht nur der hohe Arbeitsaufwand machte solche Artefakte kostbar. Da Meteoriten sehr selten gefunden werden, war das daraus gewonnene Eisen kostbarer als Gold.

Es ist nicht ganz klar, ob die alten Ägypter von der wahren Herkunft des verwendeten Metall wussten. Ägyptische Quellen um 1.300 v. Chr. beschreiben das Eisen als "vom Himmel stammend". Diese Beschreibung könnte sich auf einen tatsächlich beobachteten Impakt beziehen. Die Bezeichnung könnte aber auch einfach auf die göttliche Herkunft des Eisens hinweisen, als ein Geschenk der Götter, die hoch über den Sterblichen in ihren Himmels-Sphären herrschten.



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