30. April 2016

Kunst & Geologie: Der Hexensabbat

Laut Legende soll in der Walpurgisnacht der Hexensabbat nebst der Wilden Jagd stattfinden.

Abb.1. Francisco de Goya, Hexensabbat (1797-98).

Der Begriff der  Wilden Jagd wird zuerst in 1835 von den Gebrüdern Grimm schriftlich festgehalten und beschreibt den unheimlichen Zug von Hexen oder Untoten zu den verfluchten Treffpunkten. 

Einer dieser Treffpunkt ist der Schlern (2.563m) in den Südtiroler Dolomiten. Der Schlern ist ein ehemaliges Riff das sich über vulkanische Gesteine erhebt, der Gipfel wird von einem breiten Hochplateau eingenommen, das übrig blieb als der überdeckende Hauptdolomit abgetragen wurde. Das Hochplateau wird seit mindestens der Bronzezeit genutzt, es verwundert daher nicht das auch zahlreiche Sagen hier angesiedelt sind.

Abb.2. Der Schlern.

In den vulkanischen Gesteinen können typische Abkühlungsstrukturen gefunden werden – Basaltsäulen. Die sechseckigen Querschnitte werden in den lokalen Sagen als „Hexenstühle“ bezeichnet, da sie – so die Sage weiter – während bestimmter Nächte als Sitzgelegenheiten für Hexen und Dämonen dienen.

Abb.3. Die sogennanten Hexenstühle der Seiser Alm.

Bohnerz, das auch hier gefunden wird da es aus den überlagernden Sedimentgesteine herauswittert, wurde auch in die Sage mit eingebunden. Die eisenhaltigen Konkretionen sind die Nägel die aus den Schuhen der tanzenden Hexen herausgefallen sind.

Literatur:

HUTTON, R. (2014): The Wild Hunt and the Witches' Sabbath. Folklore 125(2):161-178

17. April 2016

Naturgefahren, Mythos und Kult in den Alpen

Die großen Ereignisse in den Alpen kommen aus dem Kult, aus der großen Angst vor den Bergen, den Gefahren, den Bedrohungen. Überall schlägt der unbarmherzige Bergtod zu, reißt seine geliebten Murbrüche aus allen Steilhängen und Runsen, lockt die wunderschönen weißen Todeslawinen aus den offenen Steilhängen, und sie jauchzen zu Tal, immerfort das Verderben hinter sich herziehend. Wehe, wehe den darunter wohnenden Lebewesen, den Menschen, Schafen, Ziegen, Bergböcken, Gemsen…[]… Zur Abwendung drohender Gefahren haben sich die Menschen ihre kultischen Spiele ausgedacht, meist sinnlose Ablenkungsmanöver, kleine Beschwichtigungsversuche angesichts der übermächtigen Kraft dort oben, ganz oben, auf den Graten und Abbruchstellen, den Karen und Murensammelstätten...[].
Also haben die kleinen Menschlein ihre Ablenkungsspielchen ersonnen, ganz und gar harmlose Menschenzaubereien
.“
HAID, H. (1990): Mythos und Kult in den Alpen.

Naturgefahren haben schon immer das Leben und Gut der Alpenbewohner bedroht. Zahlreich sind die überlieferte Katastrophen, Bergstürze, Lawinen, Überschwemmungen und Unwetter. 
Naturkatastrophen wurden als von einer höheren Macht (sprich "Gott") gesandt oder zumindest (zeitweise) tolerierte Ereignisse angesehen, zahlreich sind die Legenden von Hexen die „Wetter machen“ und Dämonen die Muren verursachen. Auch, oder vielleicht besonders, waren Gletscher gefürchtet. Der Schweizer Naturforscher Horace-Bénédict de Saussure (1740-1799) schreibt „Ich selbst habe in meinen Kindertagen Bauern behaupten hören, der ewige Schnee sei ein Fluch, der auf den Bergbewohnern zur Strafe für ihre Frevel laste.
Zahlreich sind auch die Bräuche die versuchen diese Naturkräfte zu bändigen.

Auch Mythen wiederspiegeln geologische und klimatologische Ereignisse in den Alpen wieder. Die Fanes-Sage ist ein Epos der Ladiner, der ursprünglichen Bewohner der Dolomiten



Einst, so die Erzählung, verriet der König der Fanes sein Volk an die verfeindeten Cayutes, wobei das Reich zerstört wurde. Der König wurde versteinert und wartet am Falzarego Pass ("el fausto rego" – der falsche König) noch heute auf den versprochenen Lohn für seinen Verrat. Die Königin dagegen wartet im Reich der Murmeltiere auf die „verheißene Zeit“, wenn das Reich der Fanes wieder auferstehen wird.
 

Abb.1. Das Parlament der Murmeltiere auf der Fanes-Hochfläche.

Möglicherweise wiederspiegelt diese Sage eine klimatische Veränderung seit der Bronzezeit wieder – als die verkarsteten Hochflächen grün und fruchtbar waren. Am Castel del Fanes wurden Spuren einer Wallburg entdeckt. Als das Klima harscher wurde mußten die Hochlagen aufgegeben werden, nur die Sage erinnert an die ehemaligen "goldenen Zeiten" und das sich das Klima auch wieder ändern kann, wie die verheißene Zeit verspricht.

Giulio Battesta Spescha (1752-1833) schreibt in seinem Buch "Das Clima der Alpen" (1818) „Zufolge meiner 35jährigen Beobachtungen (1783-1818) sind die Schweizerischen Alpen seit einer Reihe von Jahren, vorzüglich aber seit dem Jahre 1811 fortwährend rauer geworden. Diese meine Ansicht wird durch folgende Beobachtungen unterstützt und bestätigt.1. Viele Alpen, welche ehemals Weidegänge darboten, sind seitdem mit Schnee und Eisbedeckt worden. 2. Der Holzwuchs hat sich in den Alpen erheblich gemindert. 3) Die Eis- und Schneemassen haben sich beträchtlich angehäuft und sind stark talabwärts gegangen… Etwa vor 30 Jahren erstieg ich den Piz Muraun [2899m] zwischen dem Medelser- und Sumvixertal. Sein Gipfel war damals mit Gras und Blumen bewachsen, ist aber jetzt seit mehreren Jahren mit Schnee bedeckt.

Die erste bekannte Gletscherdastellung überhaupt wurde um 1601 von Abraham Jäger angefertigt, als nämlich der Gletschersee, der durch den Vernagtferner aufgestaut wurde, das Ötztal gefährdete. Dieser Gletscher wurde anschließend so bekannt, dass er schon bald zum Ersten Mal auf einer Karte des Kartograph Warmund Ygl, um 1605 herausgegeben, auftaucht. Ygl zeichnet eine weiße Masse ein, die die Bergsignatur überdeckt ein, mit der Beschreibung „Der Groß Verner – Glacies continua et perpetua“. Diese Darstellung im Kartenwerk wird von zahlreichen späteren Kartographen, wie Matthäus Merian (1649), übernommen werden.
Im zur Karte gehörenden Kommentar erwähnt Ygl: „Jenes verhärtete Eis ist zusammenhängend und dauernd; unter ihm entspringen im Umkreis zahlreiche Gewässer, die sich in die verschiedenen Richtungen ergießen (die teils vom Inn, teils von der Etsch aufgenommen werden). Es macht hier zahlreiche und tiefe Spalten, die, wenn sie nicht offen liegen, weil vom Schnee verdeckt, die darüber Gehenden in Lebensgefahr bringen. Bauern, Bergleute und Jäger pflegen nämlich im Sommer in der Richtung von Tal zu Tal über jenes Eisgebirge zu gehen.“

Zum Vernagtferner wurden im Lauf der Zeit zahlreiche Prozessionen unternommen um mittels göttlichen Segens einen Seeausbruch abzuwenden.

Ein weit verbreitetes Motiv ist der Gletscher als übernatürliche Strafe auf einen Frevel gegen Mensch oder/und die Natur. Einst, wo sich heute die Pasterze in den Hohen Tauern erstreckt, gab es ein weites Tal mit einer herrlichen Alm. Kühe und Milch gab es reichlich und so wurde jeden Tag ein Fest gefeiert. Eines Tages nutzen die Bauern die Buttervorräte als Kugeln und die Käselaibe als Kegel für ein Spiel. Doch als ein armer Musiker um etwas Käse und Brot bat, wurde er harsch abgewiesen. Daraufhin entfesselte sich ein schreckliches Gewitter und im Sturm erstarrten in kürzester Zeit Mensch und Tier zu Eis. 

Unter dem Vernagt Ferner liegt eine Stadt aus Gold verborgen. Laut Legende wuchsen in der Nähe der goldenen Stadt Dananä, auf über 2.500 m Seehöhe gelegen, Weinreben.  Doch zur Strafe für den Geiz der Bewohner wurde die Stadt vom Vernagtferner überdeckt. und auch das Mer de Glace und die Marmolata überdeckten heute einst fruchtbares Land. 
 

Auch im Schweizer Lötschental soll Obst- und Weinbau bis in große Höhe möglich gewesen sein - nur die Sommer waren oft zu trocken.  Daraufhin riet ein Zauberer man sollte Eis von sieben verschiedenen Gletschern ins Tal bringen, die das Tal abkühlen sollten. Doch bald begonnen die Eisstücke zu wachsen und bald wurde das Tal vom neuen Gletscher verschlungen.
Im Österreichischen Tuxer Tal erklären verschiedene Sagen-Versionen die „gefrorene Wand“. Dort stand vor langer Zeit die schönste Alm im Tal, die aber einen rechten Geizhals und Menschenschänder gehörte. Einst arbeitete er am Vorabend von „Hoachn Frauenabnd“ (Maria Himmelfahrt), trotz des Brauches den Gesinde eine freien Tag zu gönnen. Ein heftiger Sturm zog auf, und als die Leute am nächsten Tag zurückkamen lag auf der Alm eine Schicht von Schnee und Eis.
 

Möglicherweise spiegeln auch sich in diesen Mythen tatsächliche Begebenheiten wieder, nämlich eine verlängerte Wärmephase in der ersten Hälfte des Holozäns und die Gletschervorstöße während der Kleinen Eiszeit.

Literatur:
BEIMROHR, W. (2008): Warmund Ygl und seine Karte von Tirol. Tiroler Landesarchiv
JÄGER, G. (2004): Almen und Gletschervorstöße in der Tiroler Geschichte und Sagenwelt (Teil 2). Der Alm- und Bergbauer, Nr. 1-2: 25-28
SCHARFE, M. (2007): Berg-Sucht – Eine Kulturgeschichte des frühen Alpinismus 1750-1850. Böhlau Verlag, Köln-Weimar: 382
LEITNER, U. (Hrg.) (2014): Berg & Leute – Tirol als Landschaft und Identität.

31. März 2016

Kunst & Geologie: Ewige Schönheit und blutiger Fluch - der Diamant



Der Begriff Diamant leitet sich vom griechischen adamas ab, der Unbezwingbare, eine Anspielung auf seine Härte und schwierige Bearbeitung, aber auch auf seine angebliche Macht gegen Gifte und Angriffe zu schützen. 

Abb.1. Perfekter Kristall auf Matrix.

Erst um 1694 konnten der Arzt und Physiker Cipriano Targioni (1672-1748) und der Naturforscher Giuseppe Averani (1662-1738) zeigen das Diamanten brennbar sind und in 1772 wandelte Antoine Laurent de Lavoisier einen Diamanten in Rauch (CO2) um – Diamanten waren also gar nicht so unbezwingbar wie angenommen. In 1797 erbrachte der Mineraloge Tennant den endgültigen Nachweis das der Diamant nur reiner, kristalliner Kohlenstoff ist. Kurioserweise wurde erst im 20. Jahrhundert der Brillantschliff entwickelt, der das Feuer eines Diamanten erst so richtig zur Geltung bringt, vorher war der Schnitt von Diamanten relativ unspektakulär, mit wenigen Flächen die das Licht brechen konnten. Dies erklärt vielleicht auch die Tatsache das reiner Quarz (schöne, klare Kristalle sind relativ selten aber immer noch kostengünstiger als ein Diamant) als Diamant-Ersatz bei römischen Artefakten beliebt war.

Abb.2. Der Edelstein-Händler Jean-Baptiste Tavernier (1605-1689) illustriert in seinem Reisebericht die Schliffmuster für Edelsteine (aus "Les Six Voyages de Jean-Baptiste Tavernier", 1676), er war auch einer der zahlreichen Besitzer des Hope-Diamanten (den er passenderweise "le Tavernier" nannte).

Lange zeit war der Ursprung der Diamanten ein Rätsel. Laut Hinduismus entstehen Diamanten wenn Blitze in Felsen einschlagen. Heute weiß man das Kohlenstoff  in einer Tiefe von 100km so zusammengebacken wird, das die Kohlenstoff-Atome zu all ihren Nachbarn eine Verbindung aufbauen, was die hohe Härte des Kristalls erklärt. Kurioserweise ist der Diamant zwar der härteste natürliche Kristall der in der Natur vorkommt, aber auch sehr spröde.

Im Altertum stammen Diamanten aus den einzig bekannten Lagerstätten in Indien (bis um 1650 die einzig bekannte Lagerstätte für den Edelstein), hier waren Diamant-führende Kimberlit-Gesteine (aus Olivin und Biotit zusammengesetzte Mantelgesteine die aus der entsprechenden Tiefe für Diamant-Bildung stammen) der Dekkan-Basalte erodiert und die Edelsteine in Sedimentgesteine angereichert worden. Erst viel später wurden Vorkommen auch in Südafrika (1867), Russland (Sibirien, um 1950), Australien (1970), Kanada, Venezuela, Brasilien (1725) und Borneo entdeckt. 

Die heutige weltweite Jahresproduktion beträgt um die 20 Tonnen, die meisten Diamanten haben dabei nur industrielle Verwendung.

Der 787-Karat schwere Großer Mogul wurde zwischen 1500-1650 in der Lagerstätte von Kollur gefunden und verschwand auf mysteriöser Weise, vielleicht umgeschliffen zum Koh-I-Noor. Koh-I-Noor (108ct nach zahlreichen Schleifarbeiten), großer Diamant von Kollur laut einigen Schriftgelehrten, nach anderen aber auch einfach Berg des Lichts, gehörte dem König von Babur und ersten Mogul von Indien. Er gelangte 1849 in die Hände der Ostindien-Kompanie und schließlich in die Kronjuwelen der englischen Krone. 



Seit 1918 verschwunden ist der Florentiner, ein 137-Karat schwerer Indischer Diamant der den Herzögen der Toskana und später den Habsburgern gehörte. Der  Hope-Diamant (45ct), wahrscheinlich ebenfalls aus Indien, ist durch eine charakteristische blaue Färbung gekennzeichnet. Angeblich verflucht gehörte er heute zur Sammlung des Smithsonian Institute in Washington. Der Cullinan wurde 1905 in einer Mine bei Pretoria in Südafrika gefunden, mit einem Rekordgewicht von 3106-Karat. Aber auch dieser Fund war nur ein Teil eines viel größeren, mit typischer Doppelpyramiden-Form, Diamant-Kristalls - damit ist der Culinan der größte je entdeckte Diamant. 

Nicht nur in der Liebe, so spielen Diamanten leider auch im organisierten Verbrechen und in Terror-Netzwerken eine wichtige, wenn auch eine blutige Rolle. Sie bieten eine hohe Gewinnspanne bei geringes Gewicht - ein "ideales Zahlungsmittel" - leicht zu transportieren, können schnell zu Geld gemacht werden und es ist immer noch schwierig nachzuweisen woher die Kristalle ursprünglich stammen, ob aus regulären Minen oder als Blut-Diamanten aus Konfliktzonen.
 

23. März 2016

Die Magie der Steine

Seit Urzeiten hofft der Mensch auf die Hilfe von Symbole und Amulette, auf diese “Anker”  werden eigene Wünsche und Hoffnungen projiziert. Verschiedene Schmucksteine sollen individuell auf das Befinden des Trägers wirken und nicht nur physische, sondern auch psychische Eigenschaften fördern, wie schöpferische Kraft, Weisheit usw. Heilsteine umfassen Edel- wie auch Halbedelsteine, vom edlen Diamant zum feurigen Rubin, vom einfachen Quarz in all seinen Varietäten zum „Blutstein“ Hämatit.


Bereits medizinische Papyrus aus dem alten Ägypten enthalten Beschreibungen von Medizinrezepturen die auch Mineralien beinhalten. Das schwarze Pigment "kohl" diente neben der Ästhetik auch als mögliche Medizin und Schutz der Augen vor dem gleißenden Sonnenlicht. In der indischen Medizin soll Mineralpulver angeblich die innere Harmonie der Farben (wobei das entsprechend farbige Pulver eingenommen werden muss) zurückbringen. Bei den Römern sollte Hämatit-Pulver bei Augenleiden helfen. Der griechische Naturgelehrte Aristoteles (384-322 v.Chr.) lehrte das Strahlung der Gestirne die Mineralien in der Erde wachsen lasse, so wie die Sterne Einfluss auf den Menschen hatten, übertrug sich diese Eigenschaft auch auf die Edelsteine.

Im Mittelalter bis zur Renaissance waren die Kräfte der Mineralien ein wichtiges Bestimmungsmerkmal um sie vom gewöhnlichen Gestein zu unterscheiden. Neben sichtbaren Merkmalen wie Farbe und Glanz wurden in zeitgenössischen Traktaten auch die „operationes“, also ihr medizinischer Einsatz, stets angeführt. 

Abb.2. Ein Lapidarium, der "Hortus sanitatis – Tractatus de lapidibus" um 1485, die Edelsteine sind nach ihren angeblichen Heilkräften im Buch aufgelistet, beschrieben und dargestellt.

Hildegard von Bingen (1089-1179) machte die Heilsteine durch ihre Schriften, wie „Physica“ und „Causae et curae“ populär und wirkt auch heute noch nach. Über 20 Schmucksteine werden bei ihr beschrieben. Der Bergkristall soll unter Anderem gegen Krankheiten der Augen helfen, aufgeladenen mit Sonnenlicht soll er auf die betroffenen Stellen gelegt werden. Moderne Edelsteinmedizin nutzt 12 Steine, wobei es keine einheitliche Liste der Steine und ihre angebliche Wirkungen gibt. 12 ist übrigens eine heilige Zahl, da angeblich der Hohepriester der Israeliten ein goldenes Schild, verziert mit vier Reihen von drei Edelsteinen, als Schmuck trug, davon stammt auch die moderne Idee der 12 Monatssteine ab.

Eine oft angeführte pseudowissenschaftliche Erklärung für die angebliche Wirkung von Schmucksteine sind geladene Ionen. Tatsächlich sind Kristalle ladungsneutral, da sich die Atome im Kristallgitter am energetisch günstigsten anordnen und negative wie positive Ionen oder Ionengruppen gegenseitig aufheben. Daneben ist es völlig unklar wie geladene Ionen überhaupt auf Organe und Psyche wirken sollten. Die deutschen Physiker B. Helm und P. Ludwig schlagen vor das Kristallgitter Schwingungen abgeben und diese "Energie" auch Wasser aufladen könnte. Ein ähnliches Prinzip wie in der Homöopathie, die nachgewiesenermaßen nicht funktioniert.
 

Neben angeblichen magischen Kräften - wie „Energie konzentrieren“, physikalisch ziemlicher Unsinn - haben diese Amulette aber tatsächlich einen positiven psychologischen Effekt, indem sie als Erinnerung an gewisse gesteckte Ziele dienen können...sie zu erreichen ist aber uns selbst überlassen.

Literatur:

DUFFIN, C.J. (2013): Lithotherapeutical research sources from antiquity to the mid-eighteenth century. In: Duffin, C. J., Moody, R. T. J. & Gardner-Thorpe, C. (eds): A History of Geology and Medicine. Geological Society, London, Special Publications, 375: 7–43

5. März 2016

Kunst & Geologie: Leonardo da Vinci, Felsen und Erosion

Erste exakte Darstellungen von Felsformationen in Bildern findet man bei Renaissance-Künstler Giovanni Bellini (1437-1516) und Leonardo da Vinci (1452-1519), wobei bei Ersteren weniger die Wissenschaft als die Symbolik im Vordergrund stand. Für Bellini steht die Natur für Gottes Werk, eine so genaue Darstellung wie möglich sollte daher Gottes Schaffen lobpreisen. 
Abb.1. Giovanni Bellini, Ekstase des heiligen Franziskus, um 1485.

Da Vinci studierte die Natur aus Interesse an ihr und wandte einige seine Beobachtungen und Entdeckungen für seine Bilder an. Die Flüchtigkeit und das Fließen des Wasser hatte es ihm besonders angetan. Da Vinci erkannte die erodierende Kraft des Wassers „Es möchte, wenn es ihm möglich wäre, die Erde in eine vollkommen sphärische Form verwandeln“.  Wasser spielt in seiner Erd-Philosophie die Rolle des Blutes im menschlichen Körper:
 
Wir können also sagen, die Erde habe ein triebhaftes Leben, ihr Fleisch sei das Erdreich, ihre Knochen seien die zusammenhängenden Schichten der Gestein, aus denen sich die Berge zusammensetzen: ihre Knorpel seien die Tuffsteine, ihr Blut seien die Wasseradern. Der Blutsee, der das Herz umgibt, ist gleich dem Weltmeer. Das Atmen geschieht beim Menschen durch das Anwachsen und Abnehmen des Blutes in den Adern, und ebenso bei der Erde , durch den Zufluß und Rückfluß des Meeres; die Lebenswärme der Welt kommt vom Feuer, das in der ganzen erde verbreitet ist, und der Sitz des triebhaften Lebens befindet sich in den Gluten, die an verschiedenen Stellen der Erde ausströmen, in Heilbädern und Schwefelquellen und Vulkanen, wie etwa Mongibello (Ätna) auf Sizilien und vielen Anderen Orte.“
Codex Leicester
 
Es existieren fünf Skizzen die Da Vincis Studien zu Felsklippen beinhalten. Die stark zerklüfteten Felsen sind durch Wind und Wetter, Regen und Frost aufgelockert und ein Bach hat eine tiefe Schlucht in das Massiv gegraben. 

Abb.2. Studie von Felsklippen.

In seinen fertigen Bildern stellt Da Vinci kaum nur eine Landschaft dar, allerdings tauchen geologische Beobachtungen im Hintergrund seiner Porträts auf. Hinter der Mona Lisa sieht man einen See. Dieser könnte auf seine Entdeckung beruhen das der Fluss Arno bei Florenz einst durch Felsriegel zu einem See aufgestaut war (oder auch nur inspiriert durch den See von Iseo).
 
Abb.3. Da Vinci, das Arno-Tal in Vogelperspektive.

Da Vinci stellt die erodierende Kraft des Wassers in seiner Felsengrottenmadonna dar. Das Gebirge scheint bis zum Hintergrund hin vom Wasseradern aufgelöst worden zu sein, beinahe zerfressen. Hier stellt Da Vinci seine Vorstellung vom Erdinneren dar, so schreibt er auch in seinem Codex Atlanticus "Ganz große Flüsse laufen unter der Erde." Vielleicht wurde das Gemälde auch durch die  Erforschung einer realen Höhle, wie sie Da Vinci selbst beschreibt, inspiriert:

„Gezogen von meinem gierigen Verlangen …, süchtig, die große Fülle der verschiedenen und seltsamen Gestaltungen der kunstfertigen Natur zu sehen, kam ich nach einigem Umherwandern zwischen den düsteren Felsen zum Eingang einer großen Höhle, vor dem ich eine Weile verwundert stehen blieb, weil ich nichts von ihr wusste. Mit gebeugten Rücken, die linke Hand auf das Knie stützend und mit der rechten die gesenkte, gerunzelte Stirn überschattend, streckte ich mich immer wieder nach vorn, bald hierhin und bald dorthin, um auszumachen, ob drinnen etwas zu erkennen sei.  Aber daran wurde ich durch die tiefe Dunkelheit gehindert, die dort herrschte. Nachdem ich so eine Weile dagestanden hatte, wurden zwei Gefühle in mir wach, nämlich Schauder und Begierde: Schauder vor der düster bedrohlichen Höhle und Begierde zu erforschen, ob dort im Inneren etwas Staunenswerte zu finden sei...“

Abb.4. Felsgrottenmadonna, um 1495–1508

Literatur:

SCHNEIDER, N. (2009): Geschichte der Landschaftsmalerei – Vom Spätmittelalter bis zur Romantik. Primus-Verlag: 214

3. März 2016

Kunst & Geologie: Gebirgsbildung und Landschaftsmalerei

Der flämische Künstler Joachim Patinir (1475/1480-1524)  scheint sehr an der Geologie seiner Zeit interessiert gewesen zu sein, so tauchen in seinen Landschaftsbildern immer wieder exakt dargestellte Felsklippen auf, wie auch breite Flüsse, die laut Georg Agricola eine bedeutende Rolle in der Gebirgsbildung hatten, so schreibt Agricola in seinem „De ortu et causis subterraneorum“ (1546):
 
Zwei Kräfte sind es, deren sich die Natur zur Erschaffung der Gebirge bedient: das Wasser und der Wind in Verbindung mit den Dämpfen. Bei der Zerstörung der Gebirge finden wir außer diesen beidne Kräften noch eine dritte, das Feuer, beschäftigt… Die Gießbäche spülen anfangs nur die weiche Dammerde ab; in ihrem weiteren Fortlaufe lassen sie selbst die … Felsen nicht unbenagt; sondern waschen ganz kleine Stückchen oder Bröckeln von ihnen ab; endlich spalten sie sogar das Gebirge entzwei und wälzen große Felsklumpen mit fort. In wenigen Jahren wühlen sie auf der ebenen oder abschüssigen Fläche einen Graben oder ein Flußbett von merklicher Tiefe aus… Nach Verlauf mehrerer Jahrhunderte erreichen diese Flußbetten… oft eine anstaunenswürdige Tiefe… Mehre Flüsse scheinen sich zwischen den hohen Gebirgen, die ihre Ufer formieren, hindurchzudrängen. Wenn sich das Gebirge zu beiden Seiten der Flüsse gesenkt haben, so bilden sich weite und niedrige Täler, über die sich blühende Gefilde ausbreiten…

 
Abb.1. Joachim Patinir „Flucht nach Ägypten" „Charon in der Unterwelt“ (um 1515-24).

26. Februar 2016

Kunst & Geologie: Wenn die Säulen des Himmels auf der Erde ruhen...

Und kaum dass meine Augen sich an das Dunkel gewöhnt hatten, traf mich wie ein Schlag die stumme Rede des bebilderten Steins, die den Augen und der Phantasie eines jeden verständlich ist (denn picture est laicorum literatura), und stürzte mich tief in eine Vision, von der meine Zunge noch heute nur stammelnd zu berichten vermag.“ 
Umberto Eco, „Im Namen der Rose“ (1980) 

 Sie sollte das himmlische Jerusalem auf Erden darstellen – die gotische Kathedrale - lichtdurchflutet, in die Höhe strebend sollte sie sein. Von Paris aus breitete sich ab 1150 dieser Baustil in ganz Europa aus, das 13. Jahrhundert wird als Höhepunkt der Gotik betrachtet. Kennzeichnend sind die spitz-zulaufenden Türme, die hohen Räume und die Strebebögen. Zeitgleich mit den Mauern wurden die Strebebögen hochgezogen, die die Mauern von Außen stützen und das Gewicht des Daches zur Seite ableiteten. Da die Mauern entlastet wurden, war es möglich höher zu bauen und vor allem große Fenster einzuplanen. Aber auch wenn das Gebäude überraschend filigran und leicht erscheint, so übt die Steinkonstruktion durch ihr Gewicht doch gewaltigen Druck auf den Untergrund aus. 


Abb.1. Die Kathedrale von Clermont-Ferrand.

Heute würde man die Statik berechnen, im Mittelalter musste der Baumeister sich auf seine Erfahrung stützen und eventuell Mauern und Fundamente dicker und mächtiger bauen lassen, um genügend Sicherheit und Standfestigkeit zu garantieren. 

Dieser „Mehraufwand“ ist oft der Grund wieso Kathedralen und andere mittelalterliche Bauten oft über Jahrhunderte hinweg sogar Erdbeben trotzen konnten. Dennoch kann sich der Untergrund als Schwachpunkt der Konstruktion erweisen. Während des Baus wurden die Mauern durch ein Holzgerüst gestützt, beim Abbau des Stützsystem stellte sich heraus ob der Baumeister sein Fach beherrschte. So sackte das Kirchenschiff der berühmte Kathedrale von Notre-Dame in Paris während ihres Baues zusammen. Die Westfassade wurde um beinahe 30cm nach Außen gedrückt da der Untergrund nicht standfest genug war und ungleichmäßig nachgab. Die Mauern blieben zwar stehen, problematisch  war aber das noch die beiden Türme  fehlten, also noch zusätzliches Gewicht dazukommen sollte! 
Zehn Jahre musste man warten bis sich der Boden genügend gesetzt hatte und man mit den Bau endlich weiterfahren konnte.