28. Mai 2012

Etwas Eis und reichlich Fisch

Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels von Scientific American
"The discovery of the ruins of ice: The birth of glacier research"

Louis Rodolphe Agassiz wurde am 28. Mai 1807 geboren und ist heute vor allem als (Fische-) Paläontologe und Eiszeit-Advokat bekannt. 
Wie so oft in der Geschichte großer geologischer Ideen, war Agassiz nicht der Erste der Vorschlug, dass in der geologischen Vergangenheit Gletscher große Teile der damals bewohnten Welt (sprich Nordamerika und Europa) bedeckt hatten. Der Dänische Mineraloge und Bergsteiger Jens Esmark (1763-1839) publizierte bereits im Jahre 1826 einen Artikel, in dem er eine größere Ausdehnung der rezenten Gletscher vorschlug. Der schottische Geologe James Hutton (1763-1797) und sein guter Freund John Playfair (1748-1819) spekulierten über eine großflächige Vereisung  der nördlichen Hemisphere - tatsächlich wurden in der Universität Edinburgh diese glazialen Theorien sogar währen den Vorlesungen für Studenten diskutiert. 
Allerdings ist es tatsächlich Agassiz (und seinen guten Ruf in der damaligen Gelehrtenwelt) zu verdanken, dass die Eiszeittheorie nach einem Vortrag im Jahre 1834, und Publikation in 1840, rasch an Bedeutung und Akzeptanz gewann. Allerdings nicht ohne kleinere Rückschläge, in einem Brief an Agassiz schreibt Alexander von Humboldt am 2. Dezember 1837:

"Ich fürchte, Sie arbeiten zu viel, und (soll ich so offen sein ?) ich denke Sie breiten Ihren Intellekt über zu viele Subjekte gleichzeitig aus. Ich schlage vor, sie konzentrieren sich auf ihr großartiges Werk über fossile Fische…[]… Kein Eis mehr, nicht zuviel Stachelhäuter, und reichlich Fisch…"

Abb.1. Das Zeitalter des Diluviums, oder Eiszeit, Abbildung aus UNGER, F. (1851): Ideal Views of the Primitive World, in its Geological and Palaeontological Phases. Taylor and Francis, London

18. Mai 2012

Der Ausbruch des St. Helens

  Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels von Scientific American
"May 18, 1980: The eruption of Mount St. Helens"

Am frühen Morgen des 18. Mai 1980 brach der Vulkan St. Helens im amerikanischen Bundesstaat Washington mit einer Wucht aus, die die Erwartungen der Geologen weit übertraf. Ein gewaltiger Erdrutsch an der nördlichen Flanke legte die Magmakammer frei, es kam zunächst zu Dampfexplosionen und dann zu einem gewaltigen pyroklastischen Strom, der über 600 Quadratkilometer Wald niederwalzte.

Die vulkanische Natur des St. Helens war seit 1835 bekannt, als eine kleinere Eruption beobachtet wurde. Allerdings existieren viel ältere indianische Legenden, die den St. Helens als "Feuerberg" beschreiben und berichten, dass er entstand, als sich zwei mächtige Krieger eine Schlacht aus Feuer und Asche lieferten.
St. Helens und andere Vulkane des Cascade Range wurden daher als aktiv erkannt, aber nicht als sonderlich gefährlich eingestuft, da es seit der europäischen Besiedelung nie zu wirklich starken oder gefährlichen Eruptionen gekommen war. Die Untersuchung  der vulkanischen Ablagerungen ließen allerdings gewaltige Ausbrüche erkennen, gekennzeichnet durch Schlammlawinen, pyroklastischen Strömen und Aschewolken.

57 Personen verloren am 18. Mai ihr Leben, darunter auch der Geologe David Johnston, der von seiner Beobachtungsstation als erster die Eruption ankündigte - über Radio funkte er noch "Vancouver, Vancouver, this is it!

12. Mai 2012

Heißer als die Hölle: Vulkanische Glutströme

  Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels von Scientific American
"Geology Scene Investigation: Death by Volcanic Fire"

Am 8. Mai 1902 brach der "erloschene" Vulkan Pelèe auf der Karibikinsel Martinique aus. Von über 30.000 Einwohnern der nahen Stadt Saint-Pierre überlebten nur drei. Darunter ein kleines Mädchen, das in einer Höhle nahe am Strand Schutz gefunden hatte, und nach seiner Rettung einen erstaunlichen Augenzeugenbericht ablieferte:

"Bevor ich [an der Höhle] ankam, schaute ich zurück und die ganze Flanke des Berges, die zur Stadt zeigte, schien sich zu öffnen und eine kochende Masse ergoss sich über die schreienden Menschen. Ich wurde von Steinen und der Asche die auf mein Boot fielen verbrannt, aber schließlich schaffte ich es in die Höhle..."

Die ersten Forscher die einige Wochen später die Ruinen der Stadt untersuchten waren überrascht vom Ausmaß der Zerstörung. Beinahe jedes Haus war bis auf die Grundmauern verschwunden, die Körper der Toten waren teilweise schrecklich entstellt, mit den Gedärmen aus den Körpern gedrückt, Bei anderen verbrannten Leichen dagegen waren teilweise die Kleider noch intakt. Die Suche nach Ablagerungen eines Lavastroms, die vermutete Hauptursache der Zerstörung, blieb erfolglos. In den Ruinen fand man allerdings geschmolzene Gegenstände aus Glas (Schmelztemperatur ungefähr 700°C) - Kupferleitungen und Telegraphendrähte waren dagegen intakt geblieben (Schmelztemperatur von Kupfer ist ungefähr 1.100 C), daraus schloss man das was auch immer geschehen war, die Temperaturen in der zerstörten Stadt um die 700-1000°C gelegen hatten (*). Am 9 Juli desselben Jahres beobachteten zwei Geologen, die von den Ruinen von St. Pierre aus in See gestochen waren, eine bis dahin unbekannte vulkanische Eruptionsphase des Mount Pelée:

"Die Wolke hatte eine runde Form und erinnerte an eine Masse von Protuberanzen, die sich mit schrecklicher Geschwindigkeit und Energie ausdehnten. Sie reichte bis zur See und bewegte sich in unserer Richtung, kochend und mit jedem Augenblick sich verändernd in Form. Sie breitete sich nicht seitlich aus, oder stieg hoch in die Atmosphäre auf, aber bewegte sich auf die See als eine turbulente Masse…"

Die unheimliche Wolke erreichte nicht das Boot, sondern stieg im letzten Moment auf, schwebte über das Boot und löste sich dann langsam auf. Allerdings fielen Steine und Asche auf die beiden erschrockenen Männer - es handelte sich also nicht um eine gewöhnliche Wolke aus Gas und Dampf, sondern um ein Strom aus festen Partikel, der der Schwerkraft folgend an den Hängen des Vulkans zunächst an Geschwindigkeit gewann, und sich danach auf ebene oder flach geneigte Flächen ausbreitete - ähnlich wie eine Lawine. Diese Beobachtung erklärte was mit St. Pierre geschehen war. Vom Gipfel des Vulkans Pelèe hatte sich eine solche Lawinen aus heißen Gasen, Gesteinsfragmente und Asche gelöst. Die Masse folgte zunächst einem Tal, das genau in Richtung Pierre zeigte, überwand eine kleine Anhöhe vor der Stadt und fegte mit verheerender Gewalt über die Stadt hinweg - bis weit in die See hinaus, wo geankerte Schiffe in Brand gesetzt worden waren.


Es war der französische Geologe Alfred Lacroix (1863-1948) der dieses Phänomen genauer untersuchte, dokumentierte und schließlich auch eine Namen dafür vorschlug - "nueé ardente" bzw. Glutlawine.
Lacroix vermutet allerdings, dass die Schwerkraft allein nicht ausreichte um die Wucht der Glutlawine zu erklären. Er schlug vor, dass ein Stöpsel aus zähflüssiger Lava den Krater des Vulkans so lange verstopft hatte, bis der zunehmende Druck eine seitliche Schwachstelle gesprengt hatte - und so einen tödlichen Fluss in Richtung St. Pierre geschleudert hatte.

Abb.1. Original-Photographien von Glutströmen des Mount Pelée, aufgenommen im Dezember 1902, von LACROIX, A. (1904) : La Montagne Pelée et ses éruptions. Masson et Cie, Paris.

Glutlawinen, oder pyroklastische Ströme, sind besondere Eruptionsphänomene die eng an den Chemismus der Lava und den Vulkantyp gebunden sind. Saure Vulkangesteine sind zäh genug um Vulkanschlote zu verstopfen bzw. Vulkandome oder Kuppen zu bilden, die bei Sprengung oder Kollaps zu einer Gerölllawine führen können. Die Geröllmasse folgt der Schwerkraft - allerdings herrschen in einem Partikelstrom andere physikalische Bedingungen als z.B. in einer Flüssigkeit - die Ausbreitungsart von Gerölllawinen ist daher noch nicht vollständig verstanden. Teilweise erfolgt die Bewegung auf einem Kissen aus Luft oder Wasserdampf (vor allem wenn der heiße pyroklastische Strom das Meer erreicht), ein Großteil der Bewegung wird allerdings auch durch das Gegenseitige Anstoßen der Trümmer und Partikel untereinander erzeugt - es ist sogar möglich das erzeugte Infraschall-Wellen in der Lage sind die Trümmer zu "tragen".
Wie auch immer, im Gegensatz zu einer Flüssigkeit sind solche Trümmerströme in der Lage auch Steigungen zu erklimmen.
Der Vulkan hatte schon Wochen vor seinem Ausbruch eine verstärkte Aktivität mit Erdbeben und Ascherregen gezeigt. De Einwohner von St. Pierre fühlten sich aber sicher, da zwischen Ihnen und dem Vulkan ein Bergrücken lag. Ein Lavastrom oder Schlammstrom hätte auch tatsächlich umgelenkt werden können, die Glutlawine allerdings überwand das Hindernis ohne größere Probleme.

Nachdem die physikalischen Ursachen der Katastrophe mehr oder weniger klar waren, stellte sich die Frage wie Glutlawinen ihre Opfer töten, auch um zu verstehen ob man sich in Zukunft vor einem solchen Phänomen schützen könnte. Eine Andere, viel ältere, aber ähnliche Katastrophe, konnte einige Antworten auf diese Frage geben. 1748 wurden die ersten Reste von Leichnamen in den verschütteten Ruinen der römischen Stadt von Pompeji entdeckt. In Pompeji können zwei Arten von Ablagerungen unterschieden werden: mächtige feinkörnige Ascheschichten und dünne, klastenreiche Ablagerungen von Glutströmen.

Abb.2. Ablagerungen eines pyroklastischen Stromes - in diesem Fall aus den Südalpen und mit permischen Alter. Charakteristisch sind die großen Schwankungen in der Korngröße (mit feinkörniger Matrix), die vulkanische Petrographie der Klasten und der thermische Reaktionssaum der größeren Klasten, verursacht durch die hohen Temperaturen innerhalb der Glutlawine.

 In der Stadt wurden über 300 Skelette oder Abdrücke von Leichen in den Ascheschichten entdeckt, die Menschen erstickten anscheinend oder wurden von den Gebäuden, die unter der Last der Asche zusammenbrachen, erschlagen. 650 Leichen wurden in unmittelbarer Nähe der Ablagerungen der pyroklastischen Ströme gefunden - vermutlich starben sie daher an den Effekten von eben diesen. Dort wo die vulkanischen Ablagerungen direkt die Knochen umschließen, war die Hitze anscheinend so hoch (um die 600°C), dass das Fleisch der Menschen einfach verdampfte. In Bereichen des Glutstromes mit geringeren Temperaturen blieben die Körper erhalten. Die berühmten Gipsabgüsse der Hohlräume, die übrig bleiben, nachdem die eingeschlossenen Körper zerfallen sind, zeigen Menschen die mitten in der Bewegung "erstarrten".  Die "geringere" Hitze des Glutstromes in diesen Bereichen (300-250°C) verursachte augenblickliche Krämpfe und die Lungen füllten sich mit heißer Asche und Gase - die Opfer "verkochten".
Diese Beobachtungen lassen vermuten, dass die Temperaturen, gefolgt von der Bewegungsenergie und Asche/giftige Gase, die tödlichsten Eigenschaften eines pyrpoklastischen Stromes sind -  noch bis zu 10 km entfernt vom Gipfel des Vesuv waren die Temperaturen noch tödlich.

Auch die Opfer von St. Pierre wurden anscheinend durch zwei Eigenschaften des Glutstroms getötet - die schiere Wucht der bis zu 160km/h schnellen Masse tötete die Glücklichen auf der Stelle. Die gewaltige Hitze verbrannte die anderen bei lebendigem Leibe. Menschen die sich in Bereichen mit hohen Temperaturen aufhielten, zerplatzten regelrecht. Andere inhalierten die "kühleren" Gase und wurden lebendig von Innen nach außen gekocht, wobei die Kleider intakt blieben.

(*) In der Offenbarung des Johannes wird die Hölle als schrecklicher Ort, gefüllt mit geschmolzenem Schwefel, beschrieben. Schwefel verdampft bei 450°C – die meisten vulkanischen Phänomene spielen sich bei noch viel höheren Temperaturen ab.

29. April 2012

Geologische Schatzkammer Tauernfenster: Das Kupfer von Prettau

Vor langer, langer Zeit trieb ein Bauer einen Stier, den er auf dem Markt gekauft hatte, über den Alpenhauptkamm vom Zillertal zum Ahrntal. Der Bauer hatte seine liebe Not mit dem bösartigen Tier, kaum hatte er es mit dem Stock gebändigt, riss es sich los und stürmte vom Weg. Der Bauer folgte dem Tier, das in seiner Wut ein großes Loch mit seinen Hörnern in den Boden gegraben hatte. Dem Bauer fielen einige Brocken des Gesteins, und vor allem sein goldenen Glanz auf. Ein örtlicher Schmied, dem er einige Brocken davon zeigte, bestätigte ihm, das es sich zwar nicht um Gold (wie im Zillertal gefunden), aber doch um ein wertvolles Gut handelte: Kupfererz.

So, oder so ähnlich, wurde einer alten Sage nach die Kupfererzlagerstätte von Prettau (Ahrntal) einst entdeckt - eine Lagerstätte die im Mittelalter für ihr reines Kupfer weit über die Landesgrenzen von Tirol hinaus bekannt war. Moderne Forschung lässt eher vermuten, dass bereits in prähistorischen Zeiten, zur  Bronzezeit, Kupfererz an den oberflächlichen Ausbissen der Erzgänge gesammelt wurde. Historisch belegen lassen sich eine mittelalterliche Abbautätigkeit - das Kupfer von Prettau wurde 1426 dazu benutzt, so die erhaltenen Dokumente, um zwei Bronze-Kanonen zu gießen.

Fig.1. Ausbiss von vererztem Grüngestein auf un gefähr 2.000m Seehöhe, wahrscheinlich seit prähistorischer Zeit bekannte Fundstelle für Erzgestein. Die rechteckige Grube im Felsen sind die Reste einer mittelalterlichen Probegrabung.

Fig.2. Detail vom Aufschluss mit Anzeichen von Eisenverwitterung, Hinweiß auf den Reichtum der im Gestein verborgen ist.

Die Erzlagerstätte von Prettau ist an metamorphen "Grüngestein"* gebunden, die als linsenförmige Körper in den Kalkschiefern der Bündner Schiefer (eine tektonische Decke des Tauernfensters) auftreten (*es handelt sich genau genommen um Epidot-führende Prasinite und Amphibolite mit Cu-Fe-Sulfid Vererzungen). Die geologische Interpretation geht davon aus, dass es sich um die umgewandelten Reste von magmatische Intrusionen in den ehemaligen kalkigen Sedimenten des Ozeanbodens handelt. 

 Fig.3. Verfaltete Kalkschiefer des Bündnerschiefer-Komplexes.

In der abbauwürdigen Lagerstätte ist gediegenes Kupfer sehr selten, meistes handelt es sich um diffus verteilte, schicht- oder gangförmig auftretende  Kupfer/Eisensulfide - wie Chalkopyrit, Chalkosin, Sphalerit, Pyrit - die zusammen mit Oxide/Hydroxide - wie Hämatit und Magnetit - auftreten. Die Entstehung dieser Lagerstätte ist nicht restlos erklärt, entweder handelt es sich um die fossilen Reste von hydrothermalen Feldern (dies könnte die schichtförmige Verteilung es Erzes erklären) oder  um eine sekundäre Mineralgenese, die durch zirkulierende Fluide in den Gesteinen abgelagert wurde.

Fig.4. Der 500 Meter lange St. Christoph Stollen (auf 514m Seehöhe) wurde 1585 begonnen und erreichte 18 Jahre später das Erz - die oberflächlichen Erzlager waren in dieser Zeit längst erschöpft und man folgte dem linsenförmigen Erzkörper tief hinein in den Berg. 
Der geschrämte, also mit Werkzeugen vorgetriebene Stollen erschloss die ergiebigsten Erzlägerstätten des Bergwerkes. Im Jahre 1637 wurde im diesem Stollen die Schießtechnik, die Sprengung mit Schwarzpulver eingeführt, eine Technologie die im Bergbau revolutionäre Veränderungen bringen sollte.Typisch für das Bergbaugebiet sind auch die Quellen und Grubenwässer, die mit Mineralien übersättigt sind und aus denen rostrote Eisen- und grünliche Kupfermineralablagerungen ausgefällt werden.

Mit der Entdeckung und Ausbeutung der großen Kupferlagerstätten in Südamerika im 19. und 20. Jahrhunderts verlor das Bergwerk von Prettau rasch an Bedeutung - Prettau konnte nicht mit dem billigen Kupfer aus den großen Tagebauen in Amerika mithalten.
Die letzten größeren Investitionen in die Infrastruktur wurden 1880 getätigt, mit dem Bau einer Schmelzhütte und den Abbau von Pyrit für die Schwefelgewinnung, allerdings verzögerten diese  Bestrebungen die Schließung des Bergwerkes nur um einige Jahre. Die Prettauer Grube wurde schließlich 1893 geschlossen. In den Jahren 1957 bis 1971 wurde nochmals versucht mit Pyritabbau und einer kleinen Belegschaft den Minenbetrieb wieder aufzunehmen.  1970 wurden die Umweltauflagen verschärft - die ungeklärten Minenabwässer sollten aufbereitet werde  - und die Betreiberfirma schloss das Bergwerk um 1971.
Nach 500 Jahren aktiver Bergbautätigkeit wurde der Bergbau in den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufgegeben. 
Das Schürfrecht wurde 1982 noch einmal an eine Privatperson vergeben, die Hobbymäßig geringere Kupfermengen gewann - interessanterweise mittels der so genannten Kupferzementanlage. Das Grundwasser des Bergwerks ist durch mikrobielle Tätigkeit an Kupferionen übersättigt, durch Einlegen weniger edler Metalle (z.B. Eisen) scheidet sich  elementares Kupfer in Form von Kupferschlamm ab. Die so gewonnen Mengen waren, und sind, allerdings sehr bescheiden. In den 80 Jahren wurde die Gründung eines Museum zur Bergbaugeschichte in Erwägung gezogen, 1996 war es schließlich soweit, mit der Eröffnung des "Schaubergwerk Prettau" und der Herrichtung der erhaltenen Anlagen als Schaustollen und Lehrpfade.

14. April 2012

Der Titanic-Eisberg

 Zusammenfassung des ursprünglichen Artikels von Scientific American
"The Science behind the Iceberg that sank the Titanic"

In der Nacht vom 14. zum 15. April 1912 kollidierte eines der modernsten und größten Schiffe seiner Zeit im nördlichen Atlantik mit einem mittelgroßen Eisberg. Ein direkter Aufprall wurde durch ein Ausweichmanöver verhindert, allerdings wurde der Bug der "Titanic" auf einer Länge von 90m beschädigt und die vernieteten Stahlplatten platzten abschnittsweise auseinander - Wasser dringt ein und zieht langsam aber unerbittlich den Bug unter die Wasserlinie, das Schiff ist verloren.



Das Schicksal der Titanic hat zahllose Bücher und Filme inspiriert, die Geschichte des zweiten großen Darstellers, des Eisbergs, ist heute aber fast vergessen. 

Abb.1. Eisberg und Eisfeld, fotografiert von Bord der "Carpathia", das erste Schiff das die Unglückstelle am Morgen des 15. April erreichte, aus dem Buch "Sinking of the Titanic - The World´s Greatest Sea Disasters" (1912).Es gibt zahlreiche Berichte von Überlebenden - sogar die des Ausgucks der ihn als erster sichtete - die den Eisberg der Titanic beschreiben, und noch mehr Photographien die später von Schiffen aus aufgenommen wurden. Allerdings gibt es keinen eindeutigen Beweiße das unter den gesichteten Eisberge tatsächlich der "schuldige" Berg gefunden wurde.

Eisberge im Nordatlantik stammen vorwiegend von den kalbenden Gletschern an der Westküste von Grönland. Meeresströmungen treiben diese dann mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 0,7 Stundenkilometer zunächst nach Norden bis zur Kanadischen Küste. Hier geht die West-Grönland Meeresströmung in den Labradorstrom über, der nach Süden hin "fließt" - und mit ihm auch zehntausende von kleinen und großen Eisbergen. Vor der Küste Neufundlands treffen die kalten Meeresströmungen auf den warmen Golfstrom. Nur noch wenige Eisberge überdauern bis zu diesem Punkt die 5.000 Kilometer lange Reise, aber genau hier kreuzen sie die viel befahrene Nordatlantikroute. Es wurde spekuliert ob 1912 die Anzahl von größeren Eisbergen in diesem Gebiet ungewöhnlich war. Zahlreiche telegraphische Meldungen wurden seinerzeit an die Titanic gesendet, zumeist von Schiffen die Eisberge gesichtet hatten oder in der Nacht auf eine Weiterfahrt verzichteten und vor Eisfeldern stoppten. Die Anzahl der Meldungen scheint außergewöhnlich hoch zu sein, allerdings gibt es keine offiziellen Zahlen, da vor 1912 Eisberge nicht überwacht wurden. Erst nach der Katastrophe wurden zunächst Frachter, später Kriegschiffe, auf Patrouille im Nordatlantik geschickt.
Das vermehrte Auftreten von Eisbergen wurde durch Temperaturschwankungen im Nordatlantik erklärt: nach einer Arbeitshypothese verstärkten milden Temperaturen in den Jahren 1900 bis 1910 die Aktivität der Gletscher in Grönland, mehr Eisberge wurden daher auf "die Reise geschickt". Eine alternative Hypothese schlägt vor, dass die kalten Wassertemperaturen seit 1910 ein Vorstoßen der Eisberge nach Süden hin begünstigte. Beide Hypothesen sind schwierig zu überprüfen, da es keine genauen Daten zur Anzahl der Eisberge bis 1912 gibt. Es scheint eine schwache Korrelation im 20 Jahrhunderts zwischen der Temperatur des Atlantiks und die Anzahl gesichteter Eisberge auf den 48. Breitengrad zu geben, allerdings sind die Schwankungen beträchtlich und vermutlich gab es bevor und nach der Titanic starken Eisgang; 1912 war daher wahrscheinlich kein besonderes Jahr und die Kollision, wie so oft, ein Unglück.

10. April 2012

Der Ausbruch des Tambora

Die größte Eruption in historischen Zeiten - geschätzte 10.000 Opfer durch die unmittelbaren Auswirkungen des Ausbruchs, wie giftige Gase, Asche, pyroklastische Ströme und Tsunamis, möglicherweise bis zu 100.000 Opfer durch globale Auwirkungen der Asche und Aerosole auf das weltweite Klima, die Klimaverschlechterung führte in Europa und Nordamerika zu Hungersnöte und Epidemien.

24. März 2012

Von Faltenbau und Deckeneinheiten: Die Entdeckung der Tektonik in den Alpen

Mitte des 19. Jahrhunderts wurden die ersten startigraphischen Tabellen und Profile erstellt, hauptsächlich in Ländern wie England, Frankreich und Deutschland, in denen die horizontale Schichtabfolge relativ ungestört erhalten ist. Mit den ersten geologischen Karten der Alpen, die bald darauf erscheinen, wurde allerdings klar, dass diese "universalen" Abfolgen nicht ohne weiters auf Gebirge angewendet werden konnten.
Generell wurde für die Alpen ein symmetrischer Aufbau angenommen - die äußeren südlichen und nördlichen Zonen bilden mesozoische Kalksedimente die auf dem Urkristallin, das entlang des Alpenhauptkamms zutage tritt, aufliegen.
Diese Sichtweise wurde wesentlich von der damals herrschenden geologischen Lehre des Neptunismus bestimmt. Nach dem Neptunismus bildeten sich alle heute erkennbaren Gesteinsschichten am Grunde eines gewaltigen Urozeans. Berge entstehen wenn diese Schichten durch lokale magmatische Aktivität wie eine Blase aufgeworfen und emporgehoben werden. Dabei werden die zunächst horizontalen Schichten aufgestellt und umschließen wie eine Zwiebel den Kern aus erkalteten magmatischen Gesteinen.

Abb.1. Geologische Karte und Profil der Pyrenäen, nach Humboldts "Kosmos" (1845-1862). Humboldt war Anhänger des Neptunismus und erklärt Gebirgsbildung auch dementsprechend.  Der Granit (rosa Bereiche) drang vor Urzeiten in die Sedimente ein (blau und gelb) und verstellte dabei die Sedimentschichten (unteres Profil). Die Beobachtung, dass der Granit nicht entlang der gesamten Achse des Gebirgszug gefunden werden kann (wie es nach dem Modell notwendig gewesen wäre), erklärt Humboldt mit asymmetrischer Erosion der Pyrenäen (unteres Profil).

Allerdings wird mit einer Detailkartierung rasch klar, dass diese symmetrische Gesteinsabfolge der Alpen wesentlich komplexer, ja sogar in Teilen widersprüchlich zu den geltenden Standardprofilen, ist. Eine der ersten geologischen Karten die die Ostalpen in größeren Detail aufnimmt ist die "Geognostische Karte von Tirol" (1849), die den Alpenhauptkamm im Wesentlichen in drei Großeinheiten aufteilt: "Gruppe des Glimmerschiefers" (nach modernen geologischen Einteilung metamorphe siliziklastische Sedimente), "Gruppe der Thonglimmerschiefer" (metamorphe karbonatische Sedimente) und "Serpentinit" (Amphibolite & Grünschiefer).
In 1851 vergleicht der Schweizer Geologe Studer in einem Buch "Geologie der Schweiz" diese Gesteine mit Gesteinen die im Bereich des Brennerpasses und in den Schweizer Kantonen Bünden und Wallis gefunden werden. Er erkennt Gemeinsamkeiten und vermutet dass diese Gesteinschichten im Untergrund zusammenhängen und nur lokal in Form von "Fenstern" zutage treten. Österreichische Geologen bestätigen diese Vermutung und erkennen in einem dieser Fenster einen zentraler Kern aus Gneis, der von einer Abfolge von metamorphen Sediment bedeckt wird, diese Abfolge taucht wiederum an einer scharfen Grenze unter metamorphen Schiefergestein ab. Die klassische Unterteilung des so genannten Tauernfensters wird vorgeschlagen: Zentralgneis mit Schieferhülle, die von dem älteren metamorphen Altkristallin umgeben sind. Wie diese "unmögliche" Schichtabfolge (Altkristallin überlagert jüngere Sedimente) allerdings entstand bleibt weiter rätselhaft.

Fig.2. Blick in das Tauernfenster, ein tektonisches Fenster wo jüngere Gneise (Zentralgneis im Hintergrund & metamorphen siliziklastische & karbonatischen Bündner-Schiefer im Vordergrund) von älteren Gneisen & Glimmerschiefern des Altkristallin "überlagert" werden.

In den Jahren 1871-72 studiert der Geologe Niedzwiedyki das Gebiet und schlägt in seiner Abhandlung "Theilen der Zillerthaler Alpen und der Tauern" vor, dass es sich um eine normale Sedimentabfolge handeln muss. Auch spätere Geologen vermuten stets eine sedimentäre Abfolge, möglicherweise etwas verfaltet und deshalb einen falschen Eindruck erweckend - allerdings keine großräumigen Verfaltungen oder Verschiebungen.
Seltsamerweise ist es ein Geologe der niemals in den Alpen arbeitete, der die Alpengeologie revolutionieren wird. 1884 interpretiert der junge französische Geologe Marcel Bertrand die "Schwyzer" Doppelfalte von Glarus (die Geologen lange Zeit Kopfzerbrechen verursacht hatte) völlig neu - nicht eine Abfolge von großen Falten, sondern einzelne Schollen, besser noch Decken, die  um bis zu 40 Kilometer gegeneinander verschoben wurden! Leider stößt seine Abhandlung auf wenig Interesse und wird rasch vergessen.

Abb.3. Die Überschiebung von Glarus in einer Zeichnung des Geologen H.C. Escher (1812). Dunkle, Permische Gesteine liegen auf jüngeren Jura- und Kreidezeitlichen Sedimenten - eine Unmöglichkeit für damalige Geologen.
Abb.4. Die "Doppelfalte von Glarus" in der Interpretation des Schweizer Geologen Albert Heim (von einer Ausgabe der "Guide Géologique" von 1894) sollte die seltsame Startigraphie von Glarus erklären, setzte allerdings eine sehr komplexe Geometrie und Verformungsgeschichte der Alpen voraus.

Erst die Arbeiten des Schweizer Geologen Hans Schardt, die zwischen 1893 und 1898 publiziert werden, machen das Konzept von tektonischen Decken populär und erst 1904 wendet der französische Geologe Pierre-Marie Termier das Konzept auf die Gesteinsabfolge der Alpen an.
Das Konzept von tektonischen Einheiten ersetzt rasch (zu) komplexe geologische Profile mit allen möglichen Verfaltungen und erklärte auch die "tektonischen Fenster" - wieso Gesteine in den Ostalpen auch in den Westalpen gefunden werden konnten, wieso ältere Gesteine auf jüngere liegen können und wieso die klassische Gesteinsabfolge, die von Vertretern des Neptunismus angenommen wird, in den Alpen und in dieser Form nicht existieren kann.

Literatur:

DalPIAZ, G.V. (2001): History of tectonic interpretations of the Alps. Journal of Geodynamics 32: 99-114
FRANKS, S. & TRÜMPY, R. (2005): The Sixth International Geological Congress: Zürich, 1894. Episodes, Vol. 28(3): 187 - 192
LAMMERER, B. (1975): Geologische Wanderungen in den westlichen Zillertaler Alpen. Alpenvereins-Jahrbuch 1975 Bd. 100: 13-25
PFIFFNER, O.A. (2009).Geologie der Alpen.Haupt Verlag Bern-Stuttgart-Wien: 359
ROST, H. (1989): Zur Geologie, Petrographie und Tektonik des Pennins, der Matreier Zone und des Altkristallins zwischen Pürschbach und Grossklausenbach (Durreck-Gruppe, Ahrntal, Südtirol). Unveröffentlichte Diplomarbeit am institut für Geologie und Mineralogie Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg: 192