17. September 2015

Streitgespräch um den Bergbau

Abb.1. Silber-Bergwerk am Schneeberg, Schwazer Bergbaubuch um 1556.

Die Erde trägt ja Jahr für Jahr Früchte, mit denen sie alle Lebewesen ernährt und erhält. All das gilt letzten Endes nur einem: allein um des Menschen willen bringt sie das alles hervor. Aber mit dieser Güte nicht zufrieden, dringt der Mensch in die Eingeweide seiner Mutter ein, er durchwühlt ihren Leib, verletzt und beschädigt alle inneren Teile. So zerfleischt er schließlich den ganzen Körper und lähmt dessen Kräfte völlig … Ihre Gier nach Silber geht ja so weit, daß sie alles, auch die schwersten Gefahren auf sich nehmen. Sie graben und mühen sich und machen Nachtschichten; weder bei Tage noch bei Nacht gönnen sie sich Ruhe. Sie meiden das segenspendende Licht des Himmels und kriechen hinab in die finstere schmutzige Tiefe der Erde.“ 

Die Erde jedoch, die den Namen einer Mutter des Menschen für sich in Anspruch nimmt und immer ihre Mutterliebe im Munde führt, versteckt und verbirgt es zutiefst in ihrem Inneren, so daß sie ersichtlich eher den Namen einer Stiefmutter als den einer wirklichen Mutter verdient…. Daß alles Erz zum Nutzen der Menschen wächst, weshalb es denn nötig ist, zu suchen und dem mit größter Sorgfalt nachzuspüren, was uns deine Gnade gespendet hat, die Erde aber aus Mißgunst verborgen hält.“ 

Streitgespräch aus „Judicium Jovis“ (Das Urteil des Jupiter) von Paul Schneevogel, wahrscheinlich um 1485-90. In einem fiktiven Rechtsstreit diskutieren Mutter Erde und der Mensch vor den versammelten Göttern die Notwendigkeit des Bergbaus. Das Urteil des obersten Richters – Jupiter selbst – bemerkt lapidar:

Es ist die Bestimmung der Menschen, daß sie die Berge durchwühlen; sie müssen Erzgruben anlegen...Ihr Leib aber wird von der Erde verschlungen, durch böse Wetter erstickt...“ 

Literatur: 

BAYERL, G. (2013): Technik in Mittelalter und Früher Neuzeit. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart: 199

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